Lagarde und Schäuble streiten über Exportüberschuss

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist gegen staatliche Eingriffe zum Abbau der Exportüberschüsse. Foto: Franziska Kraufmann
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist gegen staatliche Eingriffe zum Abbau der Exportüberschüsse. Foto: Franziska Kraufmann

Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die deutsche Bundesregierung streiten auf internationaler Bühne weiter über die Höhe deutscher Exportüberschüsse. «Nicht alles ist gerechtfertigt», sagte IWF-Chefin Christine Lagarde zur Eröffnung der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank in Washington. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich dagegen nicht zu staatlichen Eingriffen in die Leistungsbilanz bereit.

 

 

«Es gibt weder vernünftige Maßnahmen, die Deutschlands Leistungsbilanzüberschuss senken, noch brauchen wir aktive wirtschaftspolitische Maßnahmen, um dies zu erreichen», sagte Schäuble. Deutschland war 2016 erneut Exportweltmeister mit einem Rekordüberschuss von 252,9 Milliarden Euro. Der Exportüberschuss erreichte deutlich über acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die EU sieht mehr als sechs Prozent als Problem für die Stabilität an.

 

Deutschlands Exportstärke steht seit längerem international in der Kritik. Da die Bundesrepublik wesentlich mehr Güter und Waren ausführt als importiert, fürchten Ökonomen wirtschaftliche Ungleichgewichte. Sie fordern mehr staatliche Ausgaben.

 

Einig waren sich Schäuble und Lagarde in der Tatsache, dass das Problem bereits kleiner werde. Die Bundesrepublik habe ihre Investitionen etwa in die Kinderbetreuung und in die Integration von Flüchtlingen erhöht. «Ich habe Bundeskanzlerin Angela Merkel gesagt, dass Investitionen in den Ausbau der Breitband-Infrastruktur eine gute Idee wären», sagte Lagarde.

Schäuble machte darauf aufmerksam, dass das Handelsbilanzdefizit der USA mit Deutschland bereits von 77 auf 68 Milliarden Dollar geschrumpft sei. Der Überschuss sei das Ergebnis der Qualität und der Attraktivität deutscher Produkte, nicht staatlicher Eingriffe.

 

Zu der Frühjahrstagung in Washington werden Finanzminister und Notenbankchefs aus den 189 IWF-Mitgliedsländern erwartet. Bei der bis Sonntag dauernden Veranstaltung treffen sich auch die G20-Finanzminister unter Vorsitz Schäubles zu Beratungen. Mit Spannung wird am Samstag ein Zwiegespräch zwischen Lagarde und US-Finanzminister Steven Mnuchin erwartet.

 

In der Diskussion um eine zunehmende Abschottung in der größten Volkswirtschaft der Welt hat sich Lagarde klar positioniert. «Wir müssen alle zusammenarbeiten, um das System, wie wir es haben, zu unterstützen und zu verbessern». Der Welthandel habe sich als große Triebfeder für Wachstum erwiesen. Um dies künftig zu gewährleisten, brauche es gleiche Bedingungen für alle. «Es darf keine Störungsversuche und keine protektionistischen Maßnahmen geben.»

 

Die USA und ihre «America First»-Politik werden derzeit als eine der größten Gefahren für den internationalen Handel und als Bedrohung für den Erfolg der Globalisierung gewertet. Die Regierung von Donald Trump will das nordamerikanische Handelsabkommen Nafta neu verhandeln. Das pazifische Abkommen TPP sowie der europäische Pakt TTIP liegen auf Eis. Trump setzt stattdessen auf bilaterale Abkommen.

 

Der Blick in die Statistiken der Welthandelsorganisation WTO sei besorgniserregend, so die IWF-Chefin weiter. Die Quote der Regelverletzungen sei in den vergangenen beiden Jahren sprunghaft auf 6,5 Prozent gestiegen. «Und dies allein bei den G20-Ländern», sagte Lagarde. «Hier gibt es ganz klar Möglichkeiten zur Verbesserung.» Sie habe jedoch nicht den Eindruck, dass die US-Regierung nicht gesprächsbereit sei.

 

Insgesamt habe sich die Stimmung in der Weltwirtschaft aufgehellt. «Frühling liegt in der Luft und Frühling wird es auch in der Wirtschaft», sagte Lagarde. Das Wachstum verbessere sich von 3,1 Prozent im vergangenen Jahr auf weltweit 3,5 Prozent im laufenden Jahr. «Ich bin froh, dass auch der Welthandel wieder anzieht», sagte sie. Das Momentum müsse nun jedoch erhalten werde und die Früchte besser als bisher auf alle verteilt werden.

 

Weltbank-Präsident Jim Yong Kim hatte zuvor die wohlhabenden Länder der Welt aufgerufen, ihre Entwicklungshilfe nicht zurückzufahren. «Dies ist nicht im Interesse einzelner Länder, sondern im Interesse der Welt», sagte Kim. Die Welt sei auf die Dürre in afrikanischen Ländern nicht ausreichend vorbereitet gewesen.

 

Er reagierte damit vor allem auf Ankündigungen der Geberländer USA und Großbritannien, das seit Jahrzehnten existierende Ziel, 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung in Entwicklungshilfe zu stecken, in Frage zu stellen. Deutschland hatte das 0,7-Prozent-Ziel 2016 erstmals erfüllt. (DPA)