IWF-Chefin Christine Lagarde hat Deutschland erneut aufgefordert, seine Exportüberschüsse für Investments in die Infrastruktur zu nutzen. Es sei legitim für ein Land wie Deutschland mit alternder Bevölkerung, nach einem Überschuss zu trachten, sagte Lagarde in einem Interview von Journalisten der Zeitungen «Le Figaro», «Le Soir» und «El Pais», die dem Verbund führender europäischer Zeitung (LENA) angehören. «Vier Prozent wäre vielleicht gerechtfertigt, acht Prozent sind es nicht», fügte die Exekutivdirektorin des Internationalen Währungsfonds hinzu.
Der große deutsche Exportüberschuss wird seit längerer Zeit international angeprangert, unter anderem von US-Präsident Donald Trump. Zuletzt hatte sich auch der französische Präsidentschaftsbewerber Emanuelle Macron kritisch geäußert und die deutsche Exportstärke als «nicht mehr tragbar» bezeichnet.
«Die gute Nachricht ist: Deutschland hat bereits begonnen zu investieren, auch durch die Finanzierung von Flüchtlingen», sagte Lagarde. Sie hob hervor, dass Deutschland sich als eines von wenigen Ländern zu einer Entwicklungsförderung in Höhe von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bekenne. «Es ist aber ein langsamer Prozess und wir empfehlen noch immer mehr», betonte Lagarde. Als Beispiele nannte sie den möglichen Ausbau von Breitband-Kabeln in Deutschland.
«Wenn es zu exzessiven Ungleichgewichten kommt, wenn es ausufernde Ungleichheit gibt oder Instabilität im Finanzsystem, das alles ist schlecht für die Stabilität und für nachhaltiges Wachstum. Wir zögern nicht, das auch zu sagen», erklärte Lagarde.
Die Französin wird an diesem Donnerstag mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zusammentreffen. Dann startet der IWF in Washington seine Frühjahrstagung, in deren Rahmen auch ein Treffen der G20-Finanzminister stattfindet. (DPA)