Online-Handel lässt immer mehr kleine Läden sterben

Eigentlich ist die Lage im Handel nicht schlecht, doch die Hälfte des Wachstums entfällt allein auf den Online-Handel. Foto: Malte Christians
Eigentlich ist die Lage im Handel nicht schlecht, doch die Hälfte des Wachstums entfällt allein auf den Online-Handel. Foto: Malte Christians

Die winzige Boutique in der Vorstadt, der vertraute Schuhladen im eigenen Viertel oder der Metzger nebenan: Die kleinen Einzelhändler in Deutschland geraten immer mehr unter Druck. «Wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten fünf Jahren möglicherweise gut 50 000 Läden verlieren. Das wären gut 10 Prozent des Netzes», warnte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth. Dabei geht es dem Einzelhandel in Deutschland eigentlich gut. Dank der guten Konsumstimmung rechnet die Branche in diesem Jahr mit Umsatzzuwächsen von 2 Prozent.

Insgesamt dürften die Bundesbürger rund 493 Milliarden Euro beim Shoppen ausgeben.

Doch profitieren davon eben nicht alle gleichermaßen. Im Gegenteil: Eine Schere tut sich auf. Vor allem viele kleinere Händler blicken zunehmend pessimistisch in die Zukunft, wie eine aktuelle Branchenumfrage des HDE ergab. Fast ein Drittel (32 Prozent) der Händler mit weniger als 5 Beschäftigten beurteilte seine aktuelle Geschäftslage als schlecht, nur jeder siebte als gut. Mehr als ein Drittel (36 Prozent) von ihnen rechnet in diesem Jahr mit Umsatzrückgängen.

Auf der Gewinnerseite stehen dagegen der Online-Handel und große Geschäfte. Rund die Hälfte des Umsatzzuwachses dürfte laut HDE allein auf den Online-Handel entfallen. Doch gerade in diesem Bereich können viele kleinere Händler nicht mithalten.

 

Besonders unter Druck steht der Textilhandel. Fast jeder dritte befragte Händler bewertet die aktuelle Geschäftslage als schlecht. Boutiquen und Modehäuser leiden hier nicht nur unter der Konkurrenz von Online-Händlern wie Zalando, auch der Siegeszug von Billiganbietern wie Primark hinterlässt Spuren. Und Probleme wie falsche Einkaufspolitik und Rabattschlachten verschärfen die Situation der Branche zusätzlich.

 

Thomas Rasch, Hauptgeschäftsführer des Modeverbandes GermanFashion, klagte erst kürzlich: «Es ist eine Verrücktheit, dass in der Branche inzwischen im Hochsommer Winterpullis angeboten werden und im Winter Bikinis und T-Shirts, weil angeblich die Modehungrigen die neuen Kollektionen haben wollen.» So etwas führe nur zu einem Überangebot zum falschen Zeitpunkt und dann zu Preisreduzierungen.

 

Im Lebensmittelhandel ist dagegen auf den ersten Blick alles in Ordnung. Angesichts der guten Konjunkturstimmung greifen die Kunden bereitwillig tiefer in die Tasche, um sich etwas besonders Leckeres zu gönnen. Doch auch hier sind es vor allem die Großen wie Edeka, Rewe, Aldi oder Lidl, die davon profitieren.

 

«Bäcker, Metzger, aber auch Parfümerien können mit den entsprechenden Angeboten der Supermärkte, der Discounter und der Drogeriemärkte kaum noch mithalten», heißt es in einer aktuellen Marktstudie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Wirklich konkurrenzfähig seien die Fachhändler eigentlich nur noch vor den großen Feiertagen, «wenn etwas ganz Besonderes auf den Tisch soll».

 

Besonders dramatisch war die Entwicklung zuletzt bei den Fleischern. Versorgten vor zwölf Jahren noch mehr als 17 000 Metzgermeister in ihren Läden die Bundesbürger mit Leberwurst und Schnitzel, sind es jetzt nur noch rund 11 000. Und auch die Zahl der Verkaufsstätten sank deutlich. Neben der Konkurrenz der großen Handelsketten sorgte auch Nachwuchsmangel für viele Ladenschließungen.

 

Dabei sind die kleinen Händler für das Stadtbild eigentlich unverzichtbar. Sie machen zwar nur 10 Prozent des Umsatzes, betreiben aber 54 Prozent der Standorte. (DPA)