Koalition: Polizeireform nicht übers Knie brechen

Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Hans-Ulrich Rülke. Foto: Uwe Anspach/Archiv
Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Hans-Ulrich Rülke. Foto: Uwe Anspach/Archiv

Die FDP im Landtag will die von einer Expertengruppe vorgeschlagenen Nachjustierungen an der Polizeireform rasch umgesetzt wissen - und hat sich damit bei Grün-Schwarz einen Korb geholt. Dem Prinzip der FDP «erst handeln, dann denken» werde man nicht folgen, sagte der CDU-Innenpolitiker Thomas Blenke am Donnerstag in Stuttgart. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke hatte die Koalition mit der Frage konfrontiert: «Stellen Sie die notwendigen Ressourcen für die Sicherheit der Bevölkerung bereit?»

Auch der Innenexperte der Grünen-Fraktion, Uli Sckerl, machte klar, dass die Empfehlungen erst genau angeschaut werden müssten. «Wir machen doch keine Hasardeurpolitik, die mal schnell sagt, das machen wir so.» Die FDP übe sich in «Dauermäkelei».

 

Bei der im Januar 2014 in Kraft getretenen Polizeireform wurden die vier Landespolizeidirektionen Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen mit 37 Polizeipräsidien und -direktionen zu zwölf regional zuständigen Polizeipräsidien verschmolzen. Ziel war, die Polizei vor Ort zu stärken, ein Plan, der selbst nach Einschätzung der dafür verantwortlichen grün-roten Vorgängerregierung noch nicht aufgegangen ist.

 

Eine Arbeitsgruppe mit Ministeriumsvertretern, in die auch die Regierungsfraktionen eingebunden sind, wird bis Ende Mai Ratschläge erarbeiten, welche der mehr als 30 Empfehlungen umzusetzen sind. Dabei werden auch die Kosten beleuchtet. So würde das von den Fachleuten favorisierte Modell mit 14 statt wie bisher 12 Polizeipräsidien ein Plus von mindestens 120 Stellen und 30 Millionen Euro für Investitionen kosten. Die Änderungen sollen noch vor der Sommerpause in den Landtag eingebracht werden. Nach den Worten von Rülke ist insbesondere Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) skeptisch, was eine erweiterte Zahl der Präsidien und die damit erforderliche Finanzierung angeht.

 

Die SPD prognostiziert, dass bei zwei zusätzlichen Polizeipräsidien mehr als 120 Stellen benötigt würden. Es sei zu befürchten, dass dafür Personal bei den Revieren abgezogen werden müsse, sagte der Innenpolitiker Sascha Binder. Er sehe keine Vorteile für die 14-er Lösung. Insbesondere beim gut aufgestellten Polizeipräsidium Ulm verbiete sich jegliche Veränderung; wenn sie doch gefordert werde, stünden dahinter nicht polizeifachliche Gründe, sondern politische Interessen aus der CDU-Fraktion. Aus seiner Sicht reiche ein Neuzuschnitt am Bodensee/Oberschwaben, so dass es bei der bisherigen Zahl von 12 Polizeipräsidien bleiben würde. Dem hielt Sckerl entgegen: «Politische Gefälligkeitsentscheidungen wird diese Koalition nicht treffen - wahlkreisgestützte Vorschläge kommen nicht durch». Damit spielte er auf den Einsatz Rülkes (Wahlkreis Pforzheim) für ein neu zu formendes Präsidium Nordschwarzwald mit Sitz in Pforzheim an.

 

Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte nach 1000 Tagen sei es Zeit gewesen, zu untersuchen, wie die Reform des damaligen Innenministers Reinhold Gall (SPD) sich bewährt habe. Er erinnerte daran, dass die Polizeidichte im Südwesten auf dem letzten Platz liege. Die Experten hätten vorgeschlagen, mehr als die bereits beschlossenen 1500 Polizistenstellen zu schaffen. Er freue sich, wenn bei den Haushaltsberatungen dieser Bedarf berücksichtigt werde. «Es liegt auch in der Hand des Landtags von Baden-Württemberg, damit umzugehen, dass wir, wenn wir solche Organisationsveränderungen vornehmen, auch das entsprechende Personal brauchen und die entsprechenden Investitionskosten haben werden.» (DPA/LSW)