Mit dem Scheitern seiner Gesundheitsreform hat US-Präsident Trump eine krachende innenpolitische Niederlage hinnehmen müssen. Die US-Republikaner zogen die Abstimmung über den von Trump unterstützten Gesetzentwurf für eine neue Gesundheitsversorgung mangels Erfolgsaussichten zurück. «Wir müssen auf absehbare Zukunft mit "Obamacare" leben», sagte der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Paul Ryan. Trump scheiterte damit mit einem seiner Prestigeprojekte, die er seinen Wählern im Wahlkampf versprochen hatte.
Trump selbst soll um den Rückzug gebeten haben. Die Republikaner hatten bis kurz vor Beginn der für den Nachmittag (Ortszeit) angesetzten Abstimmung nicht annähernd die erforderlichen Stimmen beisammen. «Wir waren kurz davor, aber wir haben es nicht ganz geschafft», sagte Ryan. Die Oppositionschefin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, bezeichnete den Freitag dagegen als «großen Tag für das Amerikanische Volk.»
Wie Ryan zeigte sich auch Präsident Trump enttäuscht, dass die erforderliche Geschlossenheit in den eigenen Reihen nicht hergestellt werden konnte. «Wir haben heute viel gelernt, auch über Loyalität», sagte Trump mit Blick auf den konservativen Freedom Caucus innerhalb der Republikaner. Dessen Mitglieder waren für die Revolte zu großen Teilen verantwortlich.
Trump will nun die oppositionellen Demokraten an Bord holen. «Ein parteiübergreifendes Gesetz wäre ein großer Fortschritt», sagte der Präsident im Weißen Haus. Dies wird als Retourkutsche gegen die Konservativen in der eigenen Partei gewertet. Ein parteiübergreifender Entwurf würde noch weniger von den Forderungen des Freedom Caucus berücksichtigen.
Vorausgegangen war ein tagelanger Polit-Krimi, bei dem Trump persönlich versucht hatte, ausreichend viele parteiinterne Kritiker umzustimmen. Nach Angaben seines Sprechers Sean Spicer hatte er bis spät am Abend 120 Einzelgespräche mit Parlamentariern geführt.
Eine Alternative für die bei Republikanern verhasste Gesundheitsversorgung von Trumps Amtsvorgänger Barack Obama war eines der zentralen Wahlversprechen des neuen Präsidenten. «"Obamacare" ist ein Desaster», hatte er immer wieder erklärt. Er hatte angekündigt, das Gesetz «am ersten Tag meiner Amtszeit» zu zerstören.
Ryan sieht nun keine Anzeichen dafür, dass es schnell zu einer Ablösung der seit exakt sieben Jahren bestehenden von «Obamcare» kommt. Dies sei ein Problem für die Versicherten. «Es wird immer schlimmer», sagte Ryan. In mehreren Staaten stehe den Menschen nur noch ein möglicher Versicherer zur Verfügung. Die Prämien stiegen weiter. Es müsse nun erörtert werden, was getan werden könne.
Die Abstimmung hatte als erste große Bewährungsprobe für die Frage gegolten, ob Trump in der Lage ist, schwierige politische Projekte im Parlament durchzusetzen - er scheiterte massiv. Während der ersten beiden Monate seiner Regierungszeit hatte er vor allem Dekrete erlassen, die keine parlamentarische Debatte erfordert, dementsprechend meist aber auch wenig Wirkung entfaltet hatten.
Kritiker hatten bemängelt, Trump habe den von ihm maßgeblich initiierten und von Ryan eingebrachten Gesetzentwurf überhastet vorangetrieben. Er wird von moderaten Republikanern als zu drastisch und vom konservativen Flügel als zu wenig weitgehend abgelehnt.
Der Entwurf sah im Kontrast zur bisherigen «Obamacare» vor allem den Verzicht auf eine allgemeine Versicherungspflicht und tendenziell weniger Geld für die Bundesstaaten bei der Bezahlung von «Medicaid» vor, einer Art Grundsicherung für Bedürftige. Direkte Zuwendungen des Staates sollten durch indirekte Steuererleichterungen ersetzt werden. Experten errechneten, innerhalb von zehn Jahren könnten 24 Millionen Amerikaner ihre Krankenversicherung verlieren. (DPA)