Merkel und Trump finden Gemeinsamkeiten

Angela Merkel und Donald Trump geben sich zum Abschluss einer gemeinsamen Pressekonferenz die Hand. Foto: Pablo Martinez Monsivais
Angela Merkel und Donald Trump geben sich zum Abschluss einer gemeinsamen Pressekonferenz die Hand. Foto: Pablo Martinez Monsivais

Trotz tiefgreifender Differenzen wollen Kanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump im Nato-Bündnis, beim Anti-Terror-Kampf und zur Lösung der Ukraine-Krise eng zusammenarbeiten. In Handelsfragen und beim Umgang mit Einwanderern blieben Gräben beim ersten Treffen der beiden Regierungschefs am Freitag in Washington allerdings weiterhin unübersehbar. Das mit Spannung erwartete Gespräch im Weißen Haus sollte auch dazu dienen, das zuletzt belastete deutsch-amerikanische Verhältnis wieder zu verbessern.

Merkel sagte: «Ich habe im Vorfeld dieses Aufenthalts immer gesagt: Es ist sehr viel besser, miteinander zu reden als übereinander. Und ich glaube, das hat unser Gespräch auch gezeigt.» Sie sei «freundschaftlich und sehr warmherzig» empfangen worden. Aber manchmal sei es «natürlich auch mühevoll, Kompromisse zu finden».

 

Merkel hob bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Trump die Notwendigkeit eines fairen Handels zwischen Deutschland und den USA hervor. In beiden Volkswirtschaften stecke großes Potenzial, beide Seiten müssten gewinnen können. Die Globalisierung solle offen gestaltet werden, forderte Merkel. Sie machte deutlich, dass Freizügigkeit gerade auch für die deutsche Wirtschaft wichtig sei. Zudem würde sie sich freuen, wenn die von Trump abgelehnten Verhandlungen über das europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP wieder aufgenommen werden könnten.

 

Bei dem Besuch stand die Drohung Trumps im Raum, die USA mit Strafzöllen gegen deutsche und andere ausländische Produkte abzuschotten. Die USA waren 2016 größter Absatzmarkt für Produkte «Made in Germany». Washington stört sich aber schon länger am deutschen Handelsüberschuss von 49 Milliarden Euro. Trump sagte am Freitag gleichwohl, er erwarte «großartige Handelsbeziehungen mit Deutschland». Er betonte: «Wir wollen Fairness, keine Siege.»

 

Trump wies den Eindruck zurück, er setze auf Abschottung. «Wir sind ein sehr starkes Land, vielleicht bald auf einem Level, das es noch nie gegeben hat» - dennoch sei er als US-Präsident ein Handelsmann und in keinerlei Hinsicht ein Isolationist. Entsprechende Annahmen oder Berichte bezeichnete Trump erneut als «Fake News».

 

Merkel verteidigte ihre früher von Trump massiv angegriffene Flüchtlingspolitik. Illegale Migration müsse geordnet und gesteuert, Schlepper müssten gestoppt werden. Beim Schutz der Außengrenzen müsse im gegenseitigen Interesse mit den Nachbarn zusammengearbeitet werden. Den Flüchtlingen sollten vor Ort Lebenschancen gegeben werden, «indem wir den Ländern helfen, die heute oft nicht in der Lage sind oder in denen Bürgerkriege herrschen».

 

Trump hatte Merkel wegen ihrer Entscheidung, 2015 viele syrische Bürgerkriegsflüchtlinge ins Land zu lassen, eine «katastrophal» falsche Politik vorgeworfen. Er unterstrich am Freitag seine harte Linie bei der Einwanderung. «Immigration ist ein Privileg, nicht ein Recht.» Die Sicherheit der USA müsse immer Vorrang haben.

 

Merkel sicherte Trump zu, die deutschen Verteidigungsausgaben weiter zu erhöhen. Deutschland habe sich auf das Nato-Ziel verpflichtet, bis 2024 zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das Militär auszugeben. «Wir werden auch weiter in diese Richtung arbeiten.»

 

Die Nato hatte sich das Zwei-Prozent-Ziel bei einem Gipfeltreffen 2014 gesetzt. Derzeit erreichen es nur fünf von 28 Mitgliedern. Deutschland liegt bei 1,2 Prozent, die USA bei 3,6 Prozent. Die Amerikaner haben die Bündnispartner aufgefordert, bis Ende des Jahres einen Plan zu entwickeln, wie das Ziel erreicht werden kann. Trump begrüßte die Zusicherung Merkels und versicherte im Gegenzug der Kanzlerin seine Solidarität für die Nato - bei fairer Lastenteilung.

 

Er dankte für Deutschlands Beitrag insbesondere im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Die Kanzlerin sagte eine Fortsetzung des Engagements der Bundeswehr in Afghanistan und gegen den IS zu. «Wir werden hier Hand in Hand zusammenarbeiten.» Deutschland beteiligt sich mit Aufklärungsjets und Tankflugzeugen an den Luftangriffen gegen den IS in Syrien und im Irak. Zudem bildet die Bundeswehr kurdische Soldaten im Nordirak für den Kampf gegen den IS aus und liefert ihnen Waffen.

 

Deutschland und die USA wollen sich nach Angaben Merkels gemeinsam für die Umsetzung des stockenden Minsk-Prozesses für einen Frieden in der Ukraine einsetzen. Sie sei erfreut, dass sich Trump dazu bekannt habe. Ein mögliches Ende der Sanktionen gegen Russland im Zusammenhang mit der Besetzung der ukrainischen Halbinsel Krim und Teilen der Ostukraine sprach Merkel nicht an. «Es geht um eine sichere und souveräne Ukraine auf der einen Seite, aber auch um die Möglichkeit, das Verhältnis zu Russland wieder zu verbessern, wenn die Probleme dort gelöst sind.»

 

Trump hatte Merkel am frühen Freitagabend mitteleuropäischer Zeit im Weißen Haus empfangen. Das gut zweistündige Treffen fiel in eine schwierige Phase der bilateralen Beziehungen. Trump hatte Merkel in seinem Wahlkampf und auch nach der Wahl im November hart angegriffen.

 

Die Kanzlerin verlangte unmittelbar nach Trumps aggressivem Wahlkampf als Bedingung für eine Zusammenarbeit, dass die bisherigen gemeinsamen Werte wie Demokratie, Freiheit, Rechtsstaat und Respekt vor der Würde des Anderen gewahrt werden müssten. Die Begrüßung der beiden Politiker zu Beginn ihres Treffens fiel am Freitag nüchtern aus: Ein Händedruck, freundlich und sachlich, Augenkontakt, leichtes Schwenken zu den wartenden Fotografen, Lächeln in die Kameras.

 

Die Kanzlerin wurde von den Vorstandschefs der Unternehmen Siemens, BMW und Schaeffler begleitet. Bei einem runden Tisch mit Unternehmensvertretern und Auszubildenden wurde über die duale Berufsausbildung in Deutschland gesprochen. Trump lobte das deutsche System einer Lehre in Betrieben und Berufsschulen als vorbildlich. (DPA)