Friedrichshafen (dpa/lsw) - Deutschland braucht aus Sicht der Integrationsminister der Länder ein Einwanderungsgesetz. Ein entsprechender Antrag sei mit 13 Stimmen angenommen worden, sagte der baden-württembergische Integrationsminister Manne Lucha (Grüne) am Freitag bei der Integrationsministerkonferenz in Friedrichshafen am Bodensee. Lediglich Bayern habe dagegen gestimmt, Hessen und das Saarland hätten sich enthalten.
In dem gemeinsamen Beschluss fordern die Minister den Bund auf, zeitnah einen entsprechenden Entwurf zur Diskussion zu stellen. Es sei notwendig, die Rahmenbedingungen für die Einwanderung attraktiver zu gestalten, damit vor allem gut ausgebildete Menschen nach Deutschland kämen, hieß es weiter.
Bayerns Integrationsministerin Emilia Müller (CSU) sagte dagegen, das geltende Zuwanderungsrecht enthalte bereits ausreichende Regelungen. Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist Deutschland eines der Länder mit den geringsten Beschränkungen für eine beschäftigungsorientierte Einwanderung. «Ein Einwanderungsgesetz braucht es aus unserer Sicht daher nicht, im Gegenteil, wir würden nur neue Anreize zur Zuwanderung schaffen und damit völlig falsche Signale setzen.»
Die Integrationsministerkonferenz findet jedes Jahr in einem anderen Bundesland statt. Baden-Württemberg hatte zum 1. Oktober 2016 erstmals für ein Jahr den Vorsitz übernommen und ist daher Gastgeber des diesjährigen Treffens.
Auf der Tagesordnung stand nach Angaben des Ministeriums unter anderem auch die Frage nach einem sicheren Aufenthaltsstatus für Asylbewerber, die eine Ausbildung in einem Helferberuf - etwa in der Altenpflege - machen. Sie sollen während der einjährigen Lehre und einer anschließenden Tätigkeit im Beruf nicht abgeschoben werden können. Baden-Württemberg hatte den Antrag eingebracht; der Südwesten will damit dem Fachkräftemangel in der Pflege begegnen.
Die Initiative sei mit 15 Stimmen angenommen worden, Bayern habe jedoch auch hier mit Nein gestimmt, sagte der nordrhein-westfälische Integrationsminister Rainer Schmeltzer (SPD). Er gehe davon aus, dass die Bundesregierung den Antrag bei einem solch starken Votum aber in ihre Beratungen mitnehme. Schmeltzer sagte zudem: «Bedauerlicherweise hat sich Bayern bei wesentlichen Punkten isoliert, unter anderem bei Anträgen zur Herstellung der Ausbildungsreife von geflüchteten Menschen und bei der Forderung an den Bund, die Jugendmigrationsdienste besser auszustatten.»
Breite Mehrheiten erhielten nach Angaben Luchas bei der Konferenz unter anderem Initiativen zum Doppelpass und zu einer Öffnung der Integrationskurse für mehr Menschen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um die Verfassungsreform in der Türkei verabschiedeten die Minister zudem einstimmig eine Resolution, in der sie zu fairen Auseinandersetzungen bei dem Thema aufriefen. «Beleidigende und aufwieglerische Rhetorik sowie undemokratische Argumentationsmuster» dürften kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein, hieß es weiter. Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland und anderen europäischen Ländern hatten zuletzt für Aufregung gesorgt. (DPA/LSW)