Beschwerdeverfahren, Berichtspflicht und Bußgelder: Im Kampf gegen Hasskommentare und Falschnachrichten im Internet setzt Bundesjustizminister Heiko Maas auf ein striktes Regelwerk für die Betreiber sozialer Netzwerke. Der SPD-Politiker stellte dazu am Dienstag einen Gesetzentwurf vor. «Für strafbare Hetze und Verleumdung darf auch in den sozialen Netzwerken genauso wenig Platz sein wie auf der Straße», sagte er in Berlin. Unterstützung für seine Vorschläge bekam Maas unter anderem vom Zentralrat der Juden.
Branchenverbände hingegen äußerten harsche Kritik.
Dem Entwurf zufolge sollen Unternehmen etwa dazu verpflichtet werden, offensichtlich strafbare Inhalte wie Verleumdung oder Volksverhetzung innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde zu löschen oder zu sperren. Geplant ist zudem eine vierteljährliche Berichtspflicht über den Umgang mit Beschwerden. Vorgesehen sind auch Bußgelder bei Verstößen gegen die Berichtspflicht oder bei mangelhafter Umsetzung des Beschwerdemanagements - sie können in Millionenhöhe liegen. Der Entwurf sollte noch am Dienstag in die Ressortabstimmung gehen.
Der Justizminister bemängelte, Netzwerke hätten bislang Beschwerden von Nutzern nicht ernst genug genommen. Die bisherigen Lösch-Quoten reichten nicht aus. «Wir müssen den Druck auf die sozialen Netzwerke erhöhen, um die Unternehmen bei der Löschung strafbarer Inhalte noch stärker in die Pflicht zu nehmen, und dafür brauchen wir gesetzliche Regelungen», sagte Maas.
Der Zentralrat der Juden begrüßte das Vorgehen. Eine strafrechtliche Sanktionierung von Volksverhetzung, Verherrlichung des Nationalsozialismus sowie Holocaustleugnung in sozialen Medien sei dringend erforderlich, sagte Präsident Josef Schuster. «Denn mit verbaler Zündelei beginnt es, und mit Gewalt gegen Menschen endet es.»
Für die Vorsitzende des Verbraucherausschusses des Bundestages, Renate Künast, ist der Entwurf längst überfällig. «Von Hate und Fake Betroffene werden allerdings weiterhin im Stich gelassen, wenn es um Online-Hass geht, der nicht offensichtlich strafrechtlich einzuordnen ist», sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. Doch gerade um diese Graubereiche gehe es oft. «Fake News können sich so weiter ungebremst verbreiten und unser gesellschaftliches Klima vergiften.» Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping forderten eine bessere Aufklärung an Schulen über Chancen und Gefahren sozialer Medien sowie die Einrichtung eines «Social Media Rates», der sich am Presserat orientiert.
Der Internetverband eco hingegen kritisierte, eine starre Frist von 24 Stunden zur Löschung illegaler Inhalte sei realitätsfern und fördere die wahllose Löschkultur im Netz. «Wir bewegen uns in einem sehr sensiblen Spannungsverhältnis zwischen Meinungsfreiheit und strafrechtlich relevanten Äußerungen», sagte Vorstand Oliver Süme. Auch der Digitalverband Bitkom sieht in dem Entwurf Lücken. Mit dem Vorschlag verlagere das Justizministerium staatliche Aufgaben auf privatwirtschaftliche Unternehmen. «Wir sind verwundert, dass die Frage, weshalb die Behörden bislang auf die konsequente Durchsetzung geltenden Rechts verzichten, unbeantwortet bleibt», sagte Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.
Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte vor kurzem bei der EU-Kommission eine Konkretisierung angeregt, «welche freiwilligen Maßnahmen ein Plattformbetreiber ergreifen kann, ohne seine neutrale Rolle als Vermittler aufzugeben». (DPA)