Wegen Lehrermangel will Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) angehende Pensionäre länger an Schulen halten. «Wir haben in Baden-Württemberg die besondere Entwicklung, dass in den nächsten drei, vier Jahren eine immense Zahl von Pensionierungen zu erwarten ist», sagte sie «Heilbronner Stimme» und «Mannheimer Morgen» (Freitag). Über das Pensionierungsalter verbleibende Lehrer sollen finanziellen Ausgleich erhalten. Dies sei nur eine mögliche Idee für ein Gesamtkonzept, das sie noch vor der Sommerpause vorlegen wolle.
Weitere Option sei die Anstellung von Seiteneinsteigern insbesondere für Mangelfächer.
Aus Sicht der Lehrergewerkschaft GEW wäre der Versuch, Pensionäre zu halten, eine Notlösung, von der man nicht zu viel erwarten dürfe. Schon dem Appell an Pensionäre, bei der Beschulung von Flüchtlingskindern auszuhelfen, seien nicht genügend gefolgt. «Noch wichtiger erscheint uns, dass die Landesregierung eine attraktive Einstellungspolitik macht», sagte der Sprecher der Gewerkschaft Erziehung und Bildung (GEW), Matthias Schneider, in Stuttgart. Dass weiter Stellen gestrichen würden, schrecke potenzielle Lehramtsstudenten ebenso ab wie die Absenkung der Eingangsbesoldung.
Nach Ministeriumsangaben werden in diesem Jahr 633 Stellen gestrichen, im darauf folgenden Jahr 440, 2019 rund 200 und 2020 noch 60 Stellen. Diesen 2016 gestarteten Abbaupfad habe man von Grün-Rot «geerbt». Man habe im Oktober 2015 rund 30 000 Pensionäre angeschrieben, um Flüchtlingskinder zu unterrichten; derzeit seien 322 im Einsatz. Unter der Pensionierungswelle leiden laut Ministerium insbesondere Grundschulen und die Sonderpädagogik.
GEW-Landeschefin Doro Moritz äußerte sich verwundert: «Warum dauert es so lange, um einen Aufbaustudiengang Sonderpädagogik für Hauptschul-Lehrkräfte einzurichten, warum braucht man einen 1er-Schnitt im Abitur, um Grundschullehramt zu studieren?» Das Starren auf die Schuldenbremse habe den Blick der Landesregierung auf den Bedarf in den Klassenzimmern vernebelt.
Die Ministerin will Lehrern laut dem Blatt zudem anbieten, dass sie für einige Jahre freiwillig mehr Unterrichtsstunden übernehmen und anschließend eine Ermäßigung bekommen. Derzeit sind 1000 Stellen nicht mit einer regulären Kraft besetzt, sondern mit Pädagogen, die vorzeitig aus Beurlaubungen oder von Elternzeit zurückgekehrt sind. Eisenmann: «Auch wenn nicht in diesem Maße Unterricht ausfällt, ist hier ein Mangel, den ich verwalten muss.»
Die GEW pocht auch auf bessere Arbeitsbedingungen. Denn: «Obwohl sie erhebliche Einbußen hinnehmen müssen, gehen immer noch viele Lehrkräfte aus Frust und Überforderung vor Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand», sagte Moritz. (DPA/LSW)