Das deutsche Handwerk kämpft trotz guter Geschäfte mit dem Nachwuchsschwund. Obwohl die Umsätze steigen - in diesem Jahr erhoffen sich die Betriebe ein Plus von 2,5 Prozent - ist die Zahl der jährlich neu eingestellten Azubis seit Beginn dieses Jahrzehnts um über 70 000 zurückgegangen.
Nach Einschätzung von Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer könnte sich der Fachkräftemangel auch durch die SPD-Pläne für ein längeres Arbeitslosengeld noch zusätzlich verschärfen.
«Wir befürchten eine Frühverrentung, wir befürchten, dass Betriebe die Mitarbeiter früher in Arbeitslosigkeitsrente schicken», sagte Wollseifer zum Auftakt der Internationalen Handwerksmesse in München.
Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) sieht jedoch gerade angesichts des Fachkräftebedarfs keinen Anlass für solche Sorgen. Sie könne sich nicht vorstellen, dass die Betriebe freiwillig Mitarbeiter in Rente schickten, wenn sie doch Fachkräfte benötigten, sagte Zypries. «Auch für das Handwerk ist da eine Chance drin, denn das Arbeitslosengeld Q setzt ja auf Qualifizierung, und Qualifizierung ist das, was das Handwerk auch braucht.» Nach den SPD-Plänen sollen Arbeitslose länger Arbeitslosengeld I (ALG I) bekommen, wenn sie sich weiterqualifizieren.
Auf der Internationalen Handwerksmesse zeigen bis 14. März mehr als 1000 Aussteller Neuheiten rund um Themen wie Bauen und Wohnen, handwerklich produzierte Lebensmittel sowie Ausbildung und Digitalisierung im Handwerk. Motto der Messe ist in diesem Jahr «Made in Germany» - dies bedeute vor allem ein «Qualitätsversprechen», sagte Wollseifer.
Nachdem 2010 im Handwerk noch 439 000 Lehrverträge abgeschlossen wurden, waren es 2015 nach Zahlen des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) nur noch 363 000 - ein starker Rückgang um 17 Prozent. Besonders dramatisch ist der Schwund in manchen traditionellen Berufen: Die Zahl der Bäcker- und Metzgerlehrlinge hat sich in den vergangenen zehn Jahren halbiert.
Hauptursache ist nach Einschätzung des ZDH der demografische Wandel. Doch spielt daneben der Trend zu Abitur und Studium eine große Rolle. «Politik und Gesellschaft verweigern seit Jahren, die Chancen dualer Ausbildung zu thematisieren», heißt es in einer Stellungnahme des Handwerksverbands. «Das rächt sich jetzt.» Inzwischen bleibt demnach jede zehnte Ausbildungsstelle unbesetzt. (DPA)