Die Tankstelle entwickelt sich zum Supermarkt

Einige Aral-Tankstellen kooperieren inziwschen mit REWE To Go. Kunden können das Tanken daher direkt mit einem Lebensmittel-Einkauf verbinden. Foto: Caroline Seidel
Einige Aral-Tankstellen kooperieren inziwschen mit REWE To Go. Kunden können das Tanken daher direkt mit einem Lebensmittel-Einkauf verbinden. Foto: Caroline Seidel

Es gab eine Zeit da waren Tankstellen einfach nur Tankstellen. Und eine Zeit, da waren Tankstellen die beste Möglichkeit, nach Ladenschluss noch Bier und Zigaretten zu kaufen. Doch jetzt werden Tankstellen immer mehr zum kleinen Supermarkt, wo man auf dem Heimweg noch schnell ein bisschen Hackfleisch, ein Glas Babynahrung oder ein Fertiggericht kaufen kann. Und große Namen des deutschen Lebensmittelhandels wie Edeka und Rewe helfen dabei mit.

 

 

«Der Kampf ums Tankstellengeschäft ist in vollem Gange», urteilt das Branchenfachblatt «Lebensmittel Zeitung». Das beste Beispiel dafür: Allein Aral will in den nächsten fünf Jahren an bis zu 1000 Tankstellen Mini-Supermärkte unter dem Logo Rewe ToGo eröffnen.

 

Das Angebot in einer bereits umgebauten Aral-Tankstelle in Düsseldorf erinnert dabei an einen modernen Tante-Emma-Laden. Nichts für den großen Wochenendeinkauf, aber gut, um schnell eine Kleinigkeit für unterwegs oder auch zum Abendessen zu kaufen. Oder eine Zutat, die man vergessen hat: Neben Getränken und Fertiggerichten kann der Kunde auch Zucker, Nudeln, frische Hühnerbrust oder ein Glas Brei bekommen.

 

Wobei die Preise oft etwas und manchmal auch deutlich höher sind als im Supermarkt. Warum arbeitet Aral dabei mit Rewe zusammen, statt alleine sein Glück zu versuchen? Aral-Sprecher Detlef Brandenburg antwortet mit einer Gegenfrage: «Wem würden Sie als Kunde mehr Vertrauen beim Thema Lebensmittelkompetenz schenken: Aral oder Rewe?»

 

Aral ist nicht allein. Der Konkurrent Jet baut auf Edeka und lockt bereits an rund 420 Tankstellen mit dessen Shopkonzept Spar-Express und dem Motto «Günstig shoppen wie im Supermarkt». Shell testet zurzeit an fünf Tankstellen in Nordrhein-Westfalen eine Zusammenarbeit mit dem niederländischen Einzelhändler Albert Heijn. Esso probiert mit dem Großhändler Lekkerland, der bislang die Belieferung von Tankstellen dominierte, dessen neues Shopkonzept «Frischwerk» aus, das laut Eigenwerbung an der Tankstelle nicht nur ganze Brotlaibe und Kuchen, sondern auch «Zahnpasta, Nutella oder Klopapier» anbietet. Bei Erfolg will der Großhändler es allen seinen Tankstellenkunden anbieten.

 

Der Eifer der Tankstellenketten ist nachvollziehbar. Denn für sie wird das Shopgeschäft immer wichtiger. Über 60 Prozent des Einkommens von Tankstellenunternehmern wird laut Aral inzwischen im Shop erwirtschaftet. Und die Bedeutung der Shops könnte in Zukunft noch zunehmen. Schließlich dürften die Einnahmen aus dem Kraftstoffverkauf mit der Umstellung auf E-Mobilität in Zukunft eher sinken.

 

Auch für die Lebensmittelhändler ist das Geschäft attraktiv. Während im klassischen Geschäft ein harter Verdrängungswettbewerb herrscht, bieten sich an den Tankstellen noch Wachstumschancen. Bislang kauft nach Branchenangaben erst jeder zweite, der tankt, auch etwas im Shop. Da ist also noch Luft nach oben.

 

Die Aufbruchsstimmung in der Branche weckt offenbar auch die Experimentierlust. In einem der beiden «Frischwerk»-Testmärkte von Lekkerland soll in absehbarer Zeit mit einem Tabu des Lebensmittelhandels gebrochen werden: Geplant ist ein Testlauf mit flexiblen Preisen. In der Nacht, wenn die Supermarktkonkurrenz geschlossen hat, sollen einige Artikel teurer verkauft werden als tagsüber. Was bei Benzin ganz normal ist, im stationären Lebensmittelhandel bislang aber noch höchst ungewöhnlich. (DPA)