Die Moderatorin Anke Engelke hat eine Art silbernes Gitter vorne an ihrem Kleid, sie sei «eingezäunt», das passe doch gut. Die internationalen Gäste fragt sie, ob die wegen des Festivals da seien oder weil man sie nicht mehr zurück in ihre Heimat lasse.
Das sind nicht die einzigen Anspielungen auf Donald Trump, den neuen Präsidenten der USA. Sein Name fällt bei der Berlinale-Eröffnungsgala am Donnerstagabend kein einziges Mal. Aber selten hat das Festival so politisch begonnen wie diesmal.
Ob Trumps Mauerbau-Pläne, das Einreise-Dekret oder sein Umgang mit Meryl Streep, die 2016 Berlinale-Jurychefin war: Das kommt im einst geteilten Berlin und bei den Filmleuten überhaupt nicht gut an. In den Reden und am roten Teppich wird das deutlich.
Claudia Roth etwa zeigt mit ihrem Oberteil, wie daneben sie den neuen Mann im Weißen Haus findet: «unpresidented» steht darauf in orangefarbenen Buchstaben - eine Anspielung auf einen Fehler, den Trump bei Twitter gemacht hat. Die Grünen-Politikerin ist noch immer verzückt, dass sie gerade Richard Gere getroffen hat. «Es war unglaublich toll.» Der Hollywoodstar, der als Menschenrechtsaktivist auch der Kanzlerin einen Besuch abgestattet hat, sitzt wenig später mit Übersetzungs-Kopfhörern als unerwarteter Gast in der Gala.
Die zieht wie jedes Jahr fast die versammelte deutsche Filmprominenz in teils glamouröser Garderobe an, darunter Veronica Ferres, Wim Wenders, Tom Tykwer, Christiane Paul, Sibel Kekilli, Hannah Herzsprung, Martina Gedeck, Henry Hübchen, Burghart Klaußner und Tom Schilling. Auch Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng ist da und plaudert mit den Reportern. Sein erster Film als Kind? «Aladin». Sandra Hüller, Hauptdarstellerin des deutschen Oscar-Kandidaten «Toni Erdmann» erzählt, dass sie hofft, bei der Verleihung in Hollywood dabeisein zu können. Ein Kleid dafür habe sie allerdings noch nicht.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) bricht auf der Bühne eine Lanze für die trump-kritische Meryl Streep und für die Kunst. «Artists first», die Künstler zuerst, sagt sie. Und dann wieder eine Anspielung auf die neuen Trump-Zeiten: Alternative und bizarre Fakten seien bisher in Filmen zuhause gewesen, nicht in den Amtsstuben der Demokratie. Außerdem: «Im Gegensatz zu Fake News, die vernebeln, lässt Kunst uns klarer sehen.» Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD) kritisiert Trumps Absicht, eine Mauer an der Grenze zu Mexiko zu bauen. Er erinnert an 1989, das Ende der deutschen Teilung: «Wir haben gesagt, nie wieder sollen Mauern Menschen trennen.»
Nach politischen Botschaften, Filmtrailern und einigen mal mehr, mal weniger zündenden Engelke-Gags eröffnen Berlinale-Chef Dieter Kosslick und Jury-Präsident Paul Verhoeven das Festival. Es gibt die Weltpremiere des Musikerporträts «Django». Etienne Comars Biopic erzählt die Geschichte des legendären französischen Jazz-Gitarristen Django Reinhardt, eines Genies in einer dunklen Zeit. Der Wettbewerb um die Bären-Trophäen ist damit offiziell gestartet. Danach wartet die Eröffnungsparty.
Zehn Tage werden 400 Filme aus aller Welt gezeigt, für viele ein großer Kinospaß. Was ein solches Festival bewirken kann? Senta Berger sagt am roten Teppich: «Natürlich kann man die Gesellschaft nicht verändern, aber man kann sie in ein Spiel verwickeln, dass man die Welt kennt und sich selbst auch.» Mario Adorf findet es gut, dass die Berlinale politisch ist. «Film ist heute doch mehr als Unterhaltung.» (DPA)