Aus den Schlagzeilen ist der Benzinpreis weitgehend verschwunden, aber an den Zapfsäulen gibt es weiter jeden Tag einen heftigen Kampf: Sechs bis sieben Mal täglich setzen die Konzerne und Tankstellenpächter unter dem Druck der Konkurrenz ihre Kraftstoffpreise hoch oder runter. Die Schwankungen innerhalb einer Stadt am selben Tag können 30 Cent pro Liter erreichen. Preisvergleiche und «informierte Tankentscheidungen» lohnen sich also, rät das Bundeskartellamt in seinem Jahresbericht zur Markttransparenzstelle Kraftstoffe.
Die Einrichtung beim Bonner Amt wertet jeden Tag Preisdaten für Diesel und Super (E 5 und E10) von rund 14 750 Tankstellen in Deutschland aus und stellt sie über Internet-Portale und Handy-Apps den Verbrauchern zur Verfügung. Die Preise müssen innerhalb von fünf Minuten nach Bonn gemeldet werden. Mit den möglichst aktuellen Daten möchte das Bundeskartellamt nicht nur den Autofahrern helfen, sondern auch den Wettbewerbsdruck in der Branche weiter hoch halten.
Die Mineralölwirtschaft wird in Deutschland von fünf großen Konzernen beherrscht, ein «marktbeherrschendes Oligopol» hatte die Wettbewerbsbehörde 2011 nach einer groß angelegten Untersuchung kritisiert. Die Kartellwächter planen eine Folgeuntersuchung zum Raffineriegeschäft.
Die Branche wird also weiter kritisch beobachtet, die Debatte ist aber dank der zeitweise stark gefallenen Öl- und damit Kraftstoffpreise in den Hintergrund getreten. Teils hatte der Dieselpreis Anfang 2016 ja sogar die Ein-Euro-Grenze unterschritten.
Trotz solcher Tiefmarken zeigten die Verbraucher ein anhaltend hohes Interesse an Preisvergleichen über Tank-Apps und Informationsportale, sagt ADAC-Kraftstoffexperte Jürgen Albrecht.
Allein eine entsprechende App des Autofahrerclubs sei mehrere Millionen Mal heruntergeladen worden. Schon unmittelbar nach dem Start der Preisstelle Ende 2013 hatten ein Viertel der Autofahrer das Angebot genutzt, wie damals eine Allensbach-Studie ergab.
Tatsächlich können Verbraucher mit der richtigen Wahl der Tankstelle und Uhrzeit viel Geld sparen. Auch bei derselben Tankstelle schwanke der Preis im Schnitt um zehn Cent pro Tag und Liter, heißt es in dem Bericht, der auf Daten von Dezember 2015 bis Ende Mai 2016 basiert.
Nachts ist der Sprit danach am teuersten, ab dem frühen Morgen fallen die Preise, mittags gibt es wieder eine leichte Erhöhung, danach Senkungen und ab etwa 21 Uhr einen starken Anstieg. Zwischen 18.00 und 20.00 Uhr sei der Kraftstoff im Schnitt am günstigsten.
Die starken Schwankungen seien schlicht Ausdruck des harten Wettbewerbs, sagt der Sprecher der Mineralölwirtschaft, Alexander von Gersdorff. Die Tankstellen konkurrierten den ganzen Tag über um jeden einzelnen Autofahrer. Dabei sinke der Preis immer weiter, bis am Abend nicht einmal mehr die Vertriebskosten gedeckt seien. Dann müsse der Preis steigen, um das Überleben der Stationen zu sichern.
Verbraucherschützer loben die Preisstelle des Kartellamtes. «Neutrale Informationen in sehr schneller Zeit», urteilt der Verkehrsexperte des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, Gregor Kolbe. Wünschenswert sei allerdings eine noch schnellere Übertragung: Wenn die Daten fünf Minuten von der Tankstelle bis zum Kartellamt und möglicherweise weitere fünf Minuten weiter zur Tank-App der Anbieter brauchten, entstünden immerhin zehn Minuten Verzug.
Einen besonders häufig wiederholten Abzocke-Vorwurf gegen die Mineralölbranche widerlegt die Kartellamtsuntersuchung: Es gebe keine spürbaren Preiserhöhungen vor Ferien mit viel Urlauberverkehr etwa an Ostern und Pfingsten, stellten die Fachleute fest. Die Entwicklung der Kraftstoffpreise sei im Wesentlichen dem Rohölpreis gefolgt. (DPA)