Die Sorgenfalten in Baden-Württembergs Baubranche wegen Personalmangels vertiefen sich. «Wir haben einen Arbeitskräftemangel in den Baugruben, wie wir ihn noch nicht hatten», sagte der Präsident der Landesvereinigung Bauwirtschaft, Thomas Schleicher, am Dienstag in Stuttgart. Um den Bedarf zu decken, habe man bisher auf Beschäftigte aus Ost- und Südosteuropa zurückgreifen können, etwa aus Polen, Rumänien und Bulgarien. «Aber auch da werden mittlerweile die Arbeitskräfte knapp.»
Facharbeiter aus diesen Ländern seien woanders ebenfalls begehrt. Manch Hochbau-Großprojekt in Baden-Württemberg könnte sich wegen des Personalmangels 2017 verzögern, warnte Schleicher.
Aus anderen EU-Staaten wie Spanien und Italien könne der Fachkräfte-Bedarf nicht gestillt werden. «Einen Alternativmarkt - «Polen für morgen» - kann ich mir im Moment nicht vorstellen», sagte Schleicher. Die Lösung des Problems liege aber ohnehin in Baden-Württemberg selbst. Man wolle junge Leute stärker umwerben und mit Marketingmaßnahmen von den guten Jobperspektiven im Bau überzeugen. Auch Nachqualifikation von Menschen mit schlechten Zeugnissen sei eine Möglichkeit, um Personal zu finden.
Dem potenziellen Nachwuchs müsse vermittelt werden, dass die Berufe in der Baubranche komplex und attraktiv seien. «Der Vorwurf, auf dem Bau sind nur Blöde, der ist rum - mit Blöden können wir gar nichts anfangen», sagte Schleicher. Früher habe ein Bauarbeiter zu Schaufel und Hammer als Hauptwerkzeuge gegriffen, heute setze er hoch moderne Steuerungstechnik samt Lasern und GPS ein. «All das ist etwas, was für junge Leute auch interessant ist.» Der Geschäftsführer der Vereinigung, Dieter Diener, sagte: «Die Bauberufe bieten enorme Aufstiegsmöglichkeiten - das müssen wir stärker ins Bewusstsein der jungen Menschen bringen.»
Die Südwest-Branche beschäftigt 95 709 Menschen (Stand: Ende 2016), das sind 3,5 Prozent mehr als 2015. Die Geschäfte brummen, im vergangenen Jahr stieg der Umsatz den Angaben zufolge um 4,9 Prozent auf 12,7 Milliarden Euro. Der Wert bezieht sich nur auf den Zeitraum Januar bis November, der Dezember-Umsatz ist noch nicht bekannt. Für 2017 sind die Erwartungen aber etwas gedämpft, die Vereinigung rechnet nur noch mit einem Umsatzplus von 3 bis 4 Prozent. Als ein Grund wurden Folgen durch den US-Protektionismus genannt, wodurch Baden-Württembergs Exportwirtschaft schlechtere Geschäfte machen und dann weniger in heimische Anlagen investieren könnte. (DPA/LSW)