SPD-Rochade im Bundeskabinett: Der Vizekanzler und bisherige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel löst heute Frank-Walter Steinmeier als Außenminister ab. Wirtschaftsministerin wird die bisherige Parlamentarische Staatssekretärin und frühere Justizministerin Brigitte Zypries. Steinmeier scheidet aus dem Kabinett aus, weil er am 12. Februar als Kandidat der großen Koalition bei der Bundespräsidentenwahl antritt. Seine Wahl gilt als sicher.
Gabriel, Zypries und Steinmeier erhalten am Vormittag von Bundespräsident Joachim Gauck im Schloss Bellevue ihre Ernennungs- und Entlassungsurkunden (10.45 Uhr). Anschließend wird Zypries im Bundestag als neues Mitglied der Bundesregierung vereidigt (11.35 Uhr). Zum Schluss folgen die Amtsübergaben in den beiden Ministerien. Mit Spannung wird die Antrittsrede Gabriels vor Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes erwartet.
Steinmeier verabschiedete sich am Donnerstagabend wenige Stunden vor dem Amtswechsel in Paris bei seinem Kollegen Jean Marc Ayrault. Der französische Außenminister zeichnete ihn mit dem Verdienstorden der französische Ehrenlegion aus. Steinmeier nutzte die Reise, um vor der Gefahr des Populismus zu warnen. Die bevorstehenden französischen Präsidentschaftswahlen seien nicht nur für Frankreich wichtig, sondern für ganz Europa, sagte er bei einer Diskussionsveranstaltung im Pariser Außenministerium. Auf Französisch fügte er hinzu: «Ich ermutige Sie: Widerstehen Sie den populistischen Sirenen.»
Europa sei in der tiefsten Krise seit Beginn der europäischen Einigung. «Auch in den Wahlen hier in Frankreich wird sich entscheiden, wie wir aus dieser europäischen Krise herauskommen.» Steinmeier fügte hinzu: «Aus unserer langen Geschichte zwischen unseren beiden Staaten wissen wir: Nationalisten waren nie gute Nachbarn.»
Frankreich wählt im April und Mai einen neuen Staatschef. Umfragen gehen derzeit davon aus, dass Front-National-Chefin Marine Le Pen in die Stichwahl kommt.
Mit Gabriel wandert das Amt des Vizekanzlers zurück ins Auswärtige Amt. Die Außenminister waren in der Vergangenheit fast immer auch die stellvertretenden Regierungschefs. Gabriel hatte sich 2013 aber bewusst für das Wirtschaftsministerium entschieden. Der 57-Jährige gibt im März das Amt des Parteichefs ab. Dann soll der frühere EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und designierte Kanzlerkandidat der SPD zum Nachfolger gewählt werden.
FDP-Chef Christian Lindner kritisierte die Kabinettsumbildung und bezeichnete sie als «ein gefährliches Signal für Deutschlands Wohlstand». Die Veränderungen wenige Monate vor der Bundestagswahl schwächten Deutschlands Handlungsfähigkeit «in einer kritischen Zeit», sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Das Wirtschaftsressort werde durch die bisherige Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Zypries (SPD) «nur noch pro forma verwaltet. Einen echten Neustart mit Gestaltungsanspruch hält die SPD nicht für nötig», kritisierte der Vorsitzende der seit 2013 nicht mehr im Bundestag vertretenen Liberalen. «Das politische Schwergewicht der SPD im Kabinett ist nun Arbeitsministerin Andrea Nahles, die das Verteilen stets wichtiger genommen hat als das Erwirtschaften.»
Zur Rolle des SPD-Kanzlerkandidaten sagte Lindner, der langjährige Europapolitiker Martin Schulz werde «versuchen, als Vorsitzender einer Regierungspartei zugleich Opposition zu spielen». (DPA)