Washington (dpa) - Tag eins nach dem Machtwechsel: Mit Donald Trumps Ankündigung eines radikalen politischen Kurswechsels und einschneidenden Veränderungen erwacht Amerika heute das erste Mal mit dem neuen US-Präsidenten.
Während der Tag des neuen Staatsoberhaupts mit einer Andacht in der National Cathedral beginnt, wollen in der Hauptstadt Hunderttausende zum Anti-Trump-Protest zusammenkommen. Es wird wohl eine der größten Demonstrationen in den USA seit vielen Jahren werden.
Trump grenzte sich in seiner Rede nach der Vereidigung am Freitag massiv von der Politik seines Vorgängers Barack Obama ab. Die Rhetorik glich seinen Wahlkampfauftritten und war von glühendem Patriotismus geprägt. Sie rief in Deutschland und weltweit vorwiegend abwehrende, empörte und erschrockene Reaktionen hervor.
«Von jetzt an wird eine neue Vision dieses Land regieren. Von diesem Tag an heißt es: Amerika zuerst, Amerika zuerst», sagte Trump. Er werde jede seiner Entscheidungen ganz und gar an amerikanischen Interessen ausrichten. Die Amtsübernahme wurde im Zentrum der Hauptstadt von Protesten begleitet.
Bereits kurz nach seinem Amtsantritt leitete Trump erste Schritte gegen die Gesundheitsreform seines Vorgängers Barack Obama ein. Er unterzeichnete am Freitagnachmittag (Ortszeit) im Oval Office des Weißen Hauses eine Anordnung «zur Erleichterung der Lasten durch Obamacare».
Im Kern weist er darin die Behörden an, alle ihnen unter dem Reformgesetz möglichen Freiräume zu nutzen, «unerwünschte finanzielle Lasten» für die Staaten, Einzelpersonen, Versicherer oder auch medizinische Einrichtungen zu «minimieren».
Das soll nach Angaben von Trumps Sprecher Sean Spicer eine Übergangslösung sein, bis «Obamacare» rückgängig gemacht und durch eine neue Regelung ersetzt worden ist. Die Aufhebung der Gesundheitsreform gehört zu den wichtigsten innenpolitischen Vorhaben Trumps und der Republikaner. Allerdings zögern einige der Konservativen mittlerweile etwas: Sie wollen nicht, dass «Obamacare» abgeschafft wird, ohne gleich ein neues Gesetz zu implementieren. Das könnte ihrem Ansehen schwer schaden, zumal auch viele konservative Wähler Nutznießer von den finanziellen Zuschüssen sind, die «Obamacare» für Einkommensschwächere gewährt.
Für den heutigen «Marsch der Frauen» werden zwischen 200.000 und einer halben Million Teilnehmern erwartet. Der Protest richtet sich gegen Frauenfeindlichkeit, Gewalt, Rassismus, Homophobie und religiöse Intoleranz. Eingeladen sind ausdrücklich auch Männer. Trump hatte sich wiederholt extrem abfällig über Frauen geäußert. Zunächst sind nahe des Kapitols Reden geplant.
Der Marsch beginnt um 19.15 Uhr MEZ und führt durch Washingtons Zentrum. Etliche Polizisten sichern die Proteste ab. Auch in Deutschland wird protestiert. Bundesweit sind 600 Märsche geplant.
Trump ist der 45. Präsident der USA. Er löst den Demokraten Obama ab, den ersten schwarzen Präsidenten der USA. Obama war acht Jahre lang im Amt. Vor Trump wurde sein Vize Mike Pence vereidigt.
In seiner von starkem Pathos geprägten Antrittsrede kündigte der neue US-Präsident ein hartes Vorgehen gegen Extremisten an. Man werde den radikal-islamischen Terrorismus vom Antlitz der Erde tilgen.
Trump sagte außerdem, zu lange hätten Politiker profitiert und das Establishment, aber nicht die einfachen Leute, die ihre Arbeit verloren hätten. «Wir übergeben die Macht von Washington D.C. zurück an Euch, das Volk.»
Protektionismus werde zu mehr Wohlstand und neuer Stärke der USA führen. Man habe andere Länder reich gemacht, während eine Fabrik nach der anderen in den USA geschlossen worden sei.
«Amerika zuerst», rief Trump, jede Entscheidung werde dieser Maxime gehorchen, ob in der Wirtschaft oder der Außenpolitik. «Wir werden zwei einfachen Regeln folgen - amerikanisch kaufen und Amerikaner anheuern.»
Die Hauptstadt glich einer Hochsicherheitszone. Polizisten und Soldaten der Nationalgarde sicherten die Straßen ab; Kreuzungen wurden zum Teil mit Bussen und Betonbarrikaden blockiert. Vereinzelt kam es in der Innenstadt zu Ausschreitungen. 217 Menschen wurden festgenommen, wie die Behörden berichteten.
Nach der Vereidigung führte eine Parade Trump zum Weißen Haus. Am Abend besuchte das Ehepaar drei Bälle.
Der Immobilienunternehmer Trump hatte sich gegen alle Erwartungen bei der Wahl am 8. November gegen die Demokratin Hillary Clinton durchgesetzt. Die 69-Jährige saß bei der Amtseinführung ihres einstigen Konkurrenten im Publikum. Beim Mittagessen im Kapitol dankte Trump ihr für das Kommen. (DPA)