Nach dem Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière ein allgemeines Versagen der Sicherheitsbehörden im Fall des mutmaßlichen Attentäters Anis Amri bestritten. «Es gibt bisher juristisch keine ausreichende Möglichkeit, jeden dieser Gefährder rund um die Uhr überwachen zu lassen», sagte der CDU-Politiker der «Bild am Sonntag». Zu diesem Zeitpunkt schon ein abschließendes Fazit zu ziehen, wäre nicht seriös, betonte de Maizière.
«Selbstverständlich werden wir den Fall aber bis ins Detail aufarbeiten und einen entsprechenden Bericht vorlegen.»
Amri war am Freitag bei einer Routinekontrolle bei Mailand von italienischen Polizisten erschossen worden. Weil er als abgelehnter Asylbewerber und Gefährder zuletzt aus dem Visier der deutschen Behörden verschwunden war, kommen aus der Politik zunehmend Rufe nach schärferen Gesetzen.
CSU-Chef Horst Seehofer will nach einem Wahlsieg im Herbst kommenden Jahres auf jeden Fall eine Obergrenze für Asylbewerber einführen. Der bayerische Ministerpräsident sagte der «Welt am Sonntag»: «Die Obergrenze kommt, für den Fall dass wir regieren. Das gebe ich hier zu Protokoll.» Die Begrenzung sei Voraussetzung für Integration und Sicherheit. «Auch deswegen sind wir für eine Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen im Jahr.» Generell müsse auch an den Grenzen entschieden werden, wer ins Land komme und wer nicht.
Der nordrhein-westfälische CDU-Parteichef und Bundesvize Armin Laschet forderte rechtliche Konsequenzen nach dem Anschlag. Man müsse jetzt genau untersuchen, «was schief gelaufen ist», welche gesetzlichen Regelungen verbessert und welche Lücken in der Inneren Sicherheit geschlossen werden müssten, sagte Laschet am Samstag im «Morgenecho» auf WDR 5.
Auch der CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer mahnte schärfere Gesetze an. In einem Interview der «Passauer Neuen Presse» (Samstag) sagte der Bundestagsabgeordnete, es sei «wichtig, einen neuen Haftgrund für Ausreisepflichtige zu schaffen, von denen eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht». Amri sei für eine solche Haft «prädestiniert gewesen. Er war ein hochbrisanter Gefährder», sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion.
Dagegen sprach sich EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gegen einen Richtungswechsel in der europäischen Flüchtlingspolitik aus. «Europa muss den Menschen, die aus den Kriegsgebieten und vom Terror fliehen, Zuflucht bieten», sagte Juncker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstag). Er forderte, Flüchtlinge nicht «unter einen Terrorismus-Generalverdacht zu stellen». Auch einer «Rhetorik der Ausgrenzung» sollte niemand folgen: «Unsere Werte, unsere Art des Zusammenlebens in Freiheit, im Miteinander und in Offenheit sind die besten Waffen gegen den Terror», sagte Juncker. (DPA)