Solarmodul-Klau richtet in Deutschland Millionenschäden an

Ein Schild am Solarpark in Senftenberg (Brandenburg) weist auf den Diebstahlschutz der Solarmodule durch eine künstliche Hightech-DNA hin. Foto: Patrick Pleul
Ein Schild am Solarpark in Senftenberg (Brandenburg) weist auf den Diebstahlschutz der Solarmodule durch eine künstliche Hightech-DNA hin. Foto: Patrick Pleul

Solarmodule und Wechselrichter sind mittlerweile beliebte Beute für Kriminelle. Ermittler aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen klagen über teilweise hohe Schadenssummen. So richteten vermutlich gut organisierte Diebesbanden im äußersten Nordosten Deutschlands 2016 Millionenschäden an. «Von Januar bis November haben wir 33 Fälle mit einem Gesamtschaden von rund 1,3 Millionen Euro registriert», sagte der Sprecher des Landeskriminalamts (LKA) Mecklenburg-Vorpommern.

Brandenburger Kollegen taxieren das Schadenspotenzial pro Übergriff und Solarpark auf mindestens 50 000 Euro. Die sächsische Polizei spricht für 2015 von einem Schaden von 344 000 Euro.

 

Eine bundesweite Aufstellung werde in der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) aber nicht geführt, betonte eine Sprecherin des Bundeskriminalamts (BKA). Zudem sei festzuhalten, dass die Polizeibehörden unterschiedliche Ermittlungsansätze verfolgten. In der Mehrzahl der Fälle übernähmen die Aufklärungsarbeit die lokal zuständigen Kommissariate, erklärte sie.

 

Wegen der Vielzahl von Übergriffen entschied sich Brandenburg im August 2015 für einen anderen Weg. Hier wird gebündelt mit der Ermittlungsgruppe «Helios» gegen dieses Kriminalitätsphänomen vorgegangen, erklärte Frank Adelsberger, LKA-Dezernatsleiter für Organisierte Kriminalität. Federführend bearbeiten fünf Beamte sämtliche größeren Attacken.

Im vergangenen Jahr zählte die Brandenburger Polizei mehr als 60 Beutezüge im Land. «Die Täter gingen nicht zimperlich vor. Sie spähen die Ziele vorher ganz genau aus. Es wird geschaut, wann und wie Wachleute ihre Runde drehen, wann die Attacke problemlos gefahren werden kann», erklärte Adelsberger. Dabei sei es ihnen fast egal, wie die Solarparks gesichert seien.

 

Bevorzugt pickten sich die Täter meist Parks in abgelegenen und dünn besiedelten Gebiete außerhalb von Ortschaften heraus. Das Risiko, hier entdeckt zu werden, sei gering, sagte Adelsberger. Es stecke schon eine immense Logistik hinter diesen Beutezügen, hob sein Mecklenburger Kollege Schuldt hervor. Dies deute auf organisierte Strukturen hin. Die Täter gingen streng arbeitsteilig vor, agierten oft im Schutz der Dunkelheit, ergänzte Kathlen Zink vom LKA Sachsen.

 

Dies decke sich auch mit Brandenburger Erfahrungen. Erst Ende November wurde auf der A12 (Berlin-Frankfurt (Oder)) ein «dicker Fisch» an Land gezogen. Nahe der polnischen Grenze wurde eine fünfköpfige Diebesbande mit 81 Solarmodulen gestellt. Die Anlagenteile wurden gerade aus einem Solarpark in Nordbrandenburg gestohlen. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass die fünf Polen für mindestens 15 weitere Beutezüge in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen verantwortlich sein sollen.

 

Brandenburg setzt auch auf die Hilfe der polnischen Ermittler. Zusammen mit der polnischen Polizeieinheit CBSP hob die Ermittler eine achtköpfige Diebesbande aus, denen unzählige Solarmoduldiebstähle in Deutschland nachgewiesen werden konnten. Im März 2016 wurden dann sechs Täter in Hessen auf frischer Tat gefasst. «Das hätten wir ohne die Beobachtungen unserer polnischen Kollegen nie geschafft», betonte Adelsberger. Seitdem halten sich Brandenburger und Polen über aktuelle Erkenntnisse auf dem Laufenden. So haben CBSP-Ermittlungen ergeben, dass insbesondere polnische Diebesbanden aus dem Raum Zielona Gora (Grünberg) sich auf den Solarmodul-Klau in ganz Deutschland spezialisiert haben.

 

In Polen besteht nach Adelsbergers Erkenntnissen eine starke Nachfrage, da die Solarindustrie vom Staat stark gefördert werde. «Deshalb wird mittlerweile nicht mehr auf Bestellung, sondern auf Vorrat geklaut. Dabei wissen die Täter genau, welche Modelle sie besorgen müssen», berichtete der Dezernatsleiter. Den Banden gelinge es über ein weit verzweigtes Hehlersystem, ihr Diebesgut mit legalen Papieren zu versehen und so in den regulären Markt zu bringen.

 

Nach Angaben des Bundesverbands für Solarwirtschaft sind deutschlandweit 1,5 Millionen Solarstromanlagen am Netz, die rund sieben Prozent des deutschen Strombedarfs abdecken.

Um Übergriffen Einhalt zu gewähren, rät die sächsische Polizei Betreibern beispielsweise, dass die im Freien installierte Technik nur mit Spezialwerkzeug zu lösen sei. «Je länger die «Arbeitszeit» für die Täter, desto größer ist das Risiko für sie entdeckt zu werden», sagte Zink. Außerdem sollten Zufahrten zu freistehenden Solarparks nicht mit Kleintransportern passierbar sein. Und: Zaunanlagen mit Maschendraht oder Wildzäunen reichen nicht aus. (DPA)