Preiskrise für Milchbetriebe schwächt sich ab

Eine Milchbäuerin zapft an ihrem Milchautomaten einen Liter Milch. Foto: Felix Kästle/Archiv
Eine Milchbäuerin zapft an ihrem Milchautomaten einen Liter Milch. Foto: Felix Kästle/Archiv

Nach der Preiskrise für Milcherzeuger in diesem Jahr blickt die Agrarbranche wieder optimistischer in die Zukunft. «Die Preissituation entspannt sich und wird sich weiter entspannen», sagt Horst Wenk vom Landesbauernverband Baden-Württemberg in Stuttgart. Im Juni hatte der Erzeugerpreis von 24 Cent pro Kilogramm Milch seinen Tiefstand gehabt - zweieinhalb Jahre zuvor waren es noch 41 Cent gewesen. Große Betriebe brauchen nach eigener Darstellung mindestens 35 Cent pro Kilogramm, bei kleineren Betrieben liegt die Schwelle höher.

Inzwischen ist der Erzeugerpreis höher, zuletzt waren es etwa 33 Cent (November). «Das ist zwar ein Anstieg, aber unsere Kosten können wir damit längst noch nicht decken», sagt Wenk.

 

Agrarminister Peter Hauk (CDU) äußerte sich ebenfalls verhalten zuversichtlich. «Die Krise ist zwar noch nicht vorbei, aber ich bin zufrieden, dass der Aufwärtstrend beim Milchpreis anhält.» Hauk betonte zugleich: «Für Entwarnung ist es noch zu früh - das wäre nicht auf Basis von Fakten, sondern nach dem Prinzip Hoffnung.» In Baden-Württemberg gibt es laut Ministerium rund 8000 Milchvieh-Betriebe, wegen der Preiskrise sank die Zahl 2016 um etwa 200. «Dank des Preisanstiegs wird sich der Betriebsrückgang zumindest nicht beschleunigen», sagte der CDU-Politiker.

 

Ein Grund für den Preisanstieg war laut Verbandsvertreter Wenk eine höhere Nachfrage aus China. Die EU-Exporte von Butter seien dorthin von 2014 bis 2016 um 28 Prozent gestiegen und die Ausfuhr von Vollmilchpulver um 20 Prozent. «Das hat Druck aus dem europäischen Markt genommen und auch uns in Baden-Württemberg geholfen.» Nach den Worten von Wenk ist ein weiterer Anstieg auf ein dauerhaftes Preisniveau notwendig. «Wir brauchen jetzt eine lange Hochphase, um die herben Verluste der Vergangenheit auszugleichen.»

 

Die EU sprang den Bauern dieses Jahr mit Finanzhilfen zur Seite - um den Überschuss am Markt zu reduzieren, bekommen Bauern für jedes Kilogramm Milch, das sie im Vergleich zu einem Vorjahreszeitraum weniger produziert haben, 14 Cent. In Baden-Württemberg haben laut Agrarministerium rund 1000 Milchbauern dieses Angebot angenommen. Ausgezahlt werden die Finanzhilfen 2017.

 

Aus Sicht des Bauernvertreters Wenk hat derlei Hilfe aktuell wenig Sinn. «Anstatt zu versuchen, den Markt mit relativ kleinen Finanzspritzen zu regulieren, sollte lieber etwas zur Kostensenkung für die Betriebe getan werden», sagte der Vize-Hauptgeschäftsführer des Verbandes. Der Bund habe zwar Teile für die Berufsgenossenschaft - also zur Unfallversicherung auf Höfen - übernommen, aber «bei der politischen Unterstützung zur Senkung der Produktionskosten könnte deutlich mehr getan werden».

 

Noch immer hätten die Betriebe viel zu hohe Kosten zu schultern. Zudem sollten Steuererstattungen für Diesel-Feldfahrzeuge erhöht werden. «In Frankreich bekommen Bauern hierfür einen deutlich höheren Zuschuss», sagte der Vize-Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbandes. «Kostensenkungen, die uns im internationalen Wettbewerb helfen, sind sehr wichtig.»

 

Minister Hauk meinte hingegen, es sei «eine wirkungsvolle Hilfe, dass der Bund mehr Unfallversicherungsbeiträge übernimmt». Noch mehr zu fordern, sei unangemessen. Generell gebe er dem Bauernverband aber recht, dass die Finanzhilfen durch die EU «faktisch zu spät» gekommen seien. «Wenn man in Demokratien Hilfspakete schnürt in einer Preiskrise, dann müssen Hilfsmaßnahmen umfangreich abgestimmt werden - das dauert.»

 

Seit dem Ende der Milchquote 2015 sei aber nun mal klar gewesen, dass Milchbauern den Mechanismen der freien Marktwirtschaft ausgesetzt seien - die Branche hätte also Zeit gehabt, sich darauf einzustellen, sagte Hauk. Der CDU-Politiker appelliert seit langem an die Branche, durch eigene Maßnahmen ein stabileres Fundament zu bekommen und sich weniger auf staatliche Hilfen zu verlassen. (DPA/LSW)