Der Ausbau der Gäubahn ist einen entscheidenden Schritt vorangekommen: Der Bundestag stufte das Projekt am Freitag in den «Vordringlichen Bedarf» des Bundesverkehrswegeplans ein. Damit habe der Ausbau der Strecke höchste Priorität, sagte der Vorsitzende der baden-württembergischen CDU-Abgeordneten im Parlament, Andreas Jung. Der Bund plane für den Ausbau der Gäubahn rund eine halbe Milliarde Euro ein.
Die Gäubahn geht von Stuttgart nach Singen und ist eine wichtige Verbindung für die weitere Bahnstrecke in die Schweiz und nach Italien. Mit Investitionen in die Strecke und mit Neigezügen könnte die Fahrzeit zwischen Stuttgart und Zürich laut einem vom Land vorgelegten Gutachten um rund 20 Minuten verkürzt werden. Bislang war das Projekt nicht im «Vordringlichen Bedarf» - das heißt, der Ausbau hätte sich hinziehen können.
«Wir sind froh, dass es uns mit vereinten Kräften gelungen ist, die Gäubahn wieder in den Vordringlichen Bedarf zu bringen», teilte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Freitag mit. Es dürfe nicht noch einmal passieren, dass 15 Jahre nichts geschehe. «Wir bestehen auf eine baldige Realisierung.» Im Bundesverkehrswegeplan werden die wichtigsten Verkehrsprojekte des Bundes benannt. Diese Planung wird fortgeschrieben, derzeit geht es um den Zeitraum bis 2030.
Hermann kritisierte allerdings auch, dass viele andere wichtige Schienenprojekte im Südwesten nicht berücksichtigt worden seien. «So ist ein Drittel des Schienennetzes in Baden-Württemberg noch immer nicht elektrifiziert», teilte der Minister mit. «Das passt nicht zu dem Ziel, den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern.» Zu den Projekten, die nicht in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wurden, zählten beispielsweise die Hochrheinbahn, die Zollernbahn und Schienenengpässe in der Region Stuttgart wie die Wendlinger Kurve oder der Bau des fünften und sechsten Gleises nördlich von Stuttgart-Feuerbach.
Bei der Gäubahn sieht der CDU-Abgeordnete Jung jetzt die Bahn in der Pflicht: Diese müsse nun die Planungen vorantreiben und die Weichen für Neigetechnik stellen, teilte Jung gemeinsam mit dem CDU-Verkehrsexperte Steffen Bilger mit. Er erwarte von Bund, Land und Bahn, dass der Ausbau deutlich vor 2030 fertig sei. Die FDP-Landtagsfraktion in Stuttgart mahnte nach der Hochstufung der Gäubahn ebenfalls eine rasche Umsetzung an: «Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass vieles, das im Bundesverkehrswegeplan steht, gar nicht verwirklicht wird.»
Neben der Gäubahn wurden auch Straßenbau-Projekte aus dem Südwesten in den Vordringlichen Bedarf des Verkehrswegeplans aufgenommen. So sei beispielsweise der Ausbau großer Teile der Autobahnachsen A5, A6, A8 und A81 hochgestuft worden, teilte das Verkehrsministerium in Stuttgart mit. Allein in den Kreisen Biberach, Ravensburg und am Bodensee investiere der Bund eine Milliarde Euro in 97,2 Kilometer Straße, teilte der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Gerster mit.
Unter den hochgestuften Projekten ist auch der Bau der Bundesstraße 311n. «Nach Jahren des Wartens kann eine funktionstüchtige Straße zwischen Mengen und Meßkirch geplant und gebaut werden, die die Lebensqualität der Menschen in neun Ortschaften verbessert und unseren Landkreis besser an das übergeordnete Straßennetz anbindet», teilte die Sigmaringer Landrätin Stefanie Bürkle am Freitag mit.
Kritik am neuen Bundesverkehrswegeplan kam dagegen vom Bund für Umwelt und Naturschutz in Baden-Württemberg. Die Ausbaupläne ließen keine Trendwende zu einer nachhaltigen Mobilitätspolitik erkennen, sagte die Landesgeschäftsführerin Sylvia Pilarsky-Grosch. «Sie setzen mit ihrer einseitigen Fixierung auf den Straßenbau die Asphaltpolitik der letzten 30 Jahre fort.»
Unterdessen wurde im Alb-Donau-Kreis ein weiteres Bahnprojekt auf den Weg gebracht: Das Land, die Bahn und der Zweckverband «Region Schwäbische Alb» haben am Freitag den Bau eines neuen Bahnhofs Merklingen-Schwäbische Alb an der künftigen Schnellbahntrasse von Stuttgart nach Ulm vertraglich vereinbart. Das Land fördert das Projekt nach eigenen Angaben mit 30 Millionen Euro. (DPA/LSW)