Straubing (dpa/tmn) – Ein Haus, das seine Energie selbst erzeugt, ist längst keine Utopie mehr. Erste Versuche, sich unabhängig von Öl, Gas und Strom aus dem Netz zu machen, zeigen Erfolg. Timo Leukefeld vom Sonnenhaus-Institut in Straubing (Bayern) wohnt selbst in einem energieautarken Haus und ist sich sicher: «Der Durchbruch steht unmittelbar bevor». Die Technologien seien so ausgereift, dass fast jeder Bauherr auf fossile Brennstoffe verzichten kann - jedenfalls zu einem beträchtlichen Teil. «Der Schlüssel ist die Sonne», sagt Leukefeld.
«Die reicht selbst in unseren Breiten, wo sie im Winter eher wenig scheint, für Heizung und Strom - und zwar ganzjährig.»
Ganz so optimistisch ist Stefan Materne vom Verbraucherzentrale Bundesverband nicht: «Es ist ein richtiger Weg, und je mehr Leute ihn mitgehen, desto besser», sagt er zwar. «Allerdings ist er für die Mehrzahl der Verbraucher bisher nicht umsetzbar, weil energieautarke Häuser immer noch zu kostenintensiv sind.»
Eine Vielzahl von Faktoren muss zusammenspielen, um einen möglichst hohen Autarkiegrad zu erreichen. Kernstück ist die Verknüpfung von Solarthermie und Photovoltaik. Die Anlagen müssen so angebracht werden, dass sie die Sonnenenergie maximal nutzen können, erklärt Leukefeld. Idealerweise ist das Dach möglichst steil, um auch die tief stehende Sonne im Winterhalbjahr auszunutzen. Das Haus sollte nach Süden ausgerichtet sein. Da die Energie der Sonne in der Regel dann am meisten gebraucht wird, wenn sie nicht scheint, sind gute Speicher notwendig. Zugleich braucht das Haus eine gute Dämmung.
Nicht nur Neubauten können unabhängig von externer Energie werden, auch Häuser im Bestand lassen sich nachrüsten. So können die recht voluminösen Wärmespeicher Platz am Standort des Öltanks finden, erklärt David Wedepohl vom Bundesverband Solarwirtschaft in Berlin.
Doch selbst wenn sehr viel Sonnenenergie aufgefangen wird, deckt sie in der Regel nicht den durchschnittlichen Stromverbrauch eines Vier-Personen-Haushalts von 4500 Kilowattstunden im Jahr. «Bei guter Planung lässt sich der Verbrauch aber locker auf 2000 Kilowattstunden pro Jahr absenken», sagt Leukefeld. «Die schafft die Photovoltaikanlage mit dem Akku in der Regel.»
Dazu muss man an vielen Stellen im Haus sparen. Ein Beispiel: Werden Geschirrspüler und Waschmaschine an das Warmwassernetz angeschlossen, verbrauchen sie nur noch einen Bruchteil des Stroms.
Die hundertprozentige Unabhängigkeit von externen Energiequellen ist ein Ideal, das ohnehin für die wenigsten Bauherren machbar ist. Oft geben die Lage der Immobilie, Dachneigung und Sonneneinstrahlung das einfach nicht her. «50 bis 70 Prozent Autarkiegrad sind für den Massenmarkt schon ein gutes Ergebnis», betont Leukefeld.
Und auch das Wetter hat einen großen Einfluss. «Liegt im Winter mal vier Wochen lang Schnee auf den Solarmodulen, kommt eben keine Sonnenenergie rein. Dann muss auch ich zusätzlich heizen.» Das geht etwa mit Gas und Öl, Leukefeld nutzt einen Holzofen.
Ein schlüsselfertiges, etwa 160 Quadratmeter großes Haus kostet laut Leukefeld aktuell zwischen 350 000 Euro bei 50 Prozent Autarkiegrad und 450 000 Euro bei 90 bis 100 Prozent Autarkiegrad. «Es lohnt sich, Kosten und Nutzen für das eigene Haus durchzurechnen», rät Wedepohl. «Immerhin lassen sich je nach Autarkiegrad zwischen 2000 und 4000 Euro Energiekosten im Jahr sparen.» (DPA/TMN)