Kein schnelles Ende der Vogelgrippe-Epidemie in Sicht

Eine tote Ente liegt im Yachthafen von Friedrichshafen. Foto: Felix Kästle
Eine tote Ente liegt im Yachthafen von Friedrichshafen. Foto: Felix Kästle

Die Vogelgrippe breitet sich weiter aus - und mit einem schnellen Ende der Epidemie ist nicht zu rechnen. Der H5N8-Erreger sei vermutlich von Zugvögeln nach Europa getragen worden und der Vogelzug habe gerade erst begonnen, erklärte der Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), Thomas Mettenleiter. Weitere Ausbrüche auf Geflügelhöfen seien jederzeit möglich. «Bei dem aktuell hohen Infektionsdruck durch Wildvögel von außen sind vereinzelte Einträge in Nutzgeflügelbestände nicht zu 100 Prozent zu verhindern.»

 

In Kassel wurde vorsichtshalber die für dieses Wochenende geplante größte deutsche Vogelschau mit rund 1000 Züchtern und 14 000 Tieren abgesagt. Die Veranstaltung hätte im Risikogebiet der Fuldaauen stattgefunden, teilte ein Sprecher des Regierungspräsidiums Kassel am Dienstag mit. «Das Risiko einer Ansteckung von Tieren während dieser Veranstaltung mit dem Virus sowie einer Weiterverbreitung des Erregers über Deutschland ist zu groß», hieß es. Die Vogelschau hat seit 1953 bisher 64 Mal stattgefunden - nun fällt sie erstmals aus.

 

Die Schweiz kündigte eine landesweite Stallpflicht für Geflügel ab Mittwoch an. Damit solle nach dem Auftauchen der hochansteckenden H5N8-Variante bei Wildvögeln am Bodensee und am Genfer See eine Übertragung auf Hausgeflügel flächendeckend verhindert werden, erklärte das Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV).

 

In Deutschland wurde das Virus bisher vor allem im Süden und Norden bei verendeten Wildvögeln gefunden. Der Erreger sei vermutlich von Zugvögeln aus Russland eingeschleppt worden, sagte FLI-Präsident Mettenleiter. Demnach war das Virus im Sommer 2016 bei Wildvögeln in Zentralrussland, in Sibirien und der Mongolei nachgewiesen worden. Da der aktuell in Mitteleuropa auftretende Erreger dem im Sommer gefundenen «sehr ähnele», könne man davon ausgehen, dass er von dort über Wildvögel nach Westen gelangt sei.

 

Beim winterlichen Vogelzug flüchten Hunderttausende Vögel vor der Kälte im Osten und Norden Europas nach Westen. Ob damit in den kommenden Wochen mehr infizierte Wildvögel in Mittel- und Westeuropa gefunden werden, müsse abgewartet werden, sagte Mettenleiter. Die Situation könne sich noch verschärfen. Es sei aber auch durchaus möglich, dass es wie bei der Vogelgrippe-Epidemie von 2006 Phasen gebe, in denen die Infektionsdynamik wieder abebbe.

 

Ende vergangener Woche war die Vogelgrippe in einem schleswig-holsteinischen Geflügelbetrieb ausgebrochen. 30 000 Hühner mussten getötet werden. Wie der Erreger in den abgeschlossenen Betrieb kam, ist weiter unklar. Abgesehen von Berlin haben inzwischen alle Bundesländer für bestimmte Risikogebiete - vor allem entlang von Flüssen oder Seen - eine Stallpflicht angeordnet.

 

Ausnahmen gab es auch für besonderes Federvieh nicht: Auch die Weihnachtsgans von Kanzlerin Angela Merkel muss ihre letzten Wochen im Stall verbringen. «Natürlich habe ich wie andere Tierhalter die Weisung des Ministers umgesetzt», sagte der vorpommersche Hobbygeflügelhalter Wolfhard Molkentin, von dem Merkel seit Jahren eine Pommerngans bezieht. Hamburgs rund 120 Alsterschwäne bezogen verfrüht ihr Winterquartier - wegen der Stallpflicht diesmal ein rund 500 Quadratmeter großes Zelt.

 

Eine Schutzimpfung für Nutzgeflügelbestände sei trotz der Infektionsgefahr nicht sinnvoll, erklärte FLI-Präsident Mettenleiter. Eine Impfung verhindere zwar klinische Symptome, nicht aber die Infektion. «Wir rennen dann in die Gefahr, dass sich unter der Impfdecke die Infektion weiter ausbreitet.» Impfungen sind derzeit auf Antrag für besonders seltene Rassen und Zoohaltungen möglich. (DPA)