Nach der erneut geplatzten Titelparty im Regen-Chaos von São Paulo konnten Nico Rosberg auch die Samba-Rhythmen vor der Siegerehrung nicht aufheitern. Mit seinem ersten Erfolg in Brasilien verhinderte Weltmeister Lewis Hamilton erneut den vorzeitigen WM-Triumph seines Mercedes-Teamkollegen. Nach fünf Safety-Car-Phasen und zwei Renn-Unterbrechungen rettete sich Rosberg noch als Zweiter ins Ziel und geht nun mit zwölf Punkten Vorsprung auf Hamilton ins Saisonfinale in zwei Wochen in Abu Dhabi.
Schon ein dritter Platz würde Rosberg dann zu seinem ersten WM-Triumph genügen, selbst wenn Hamilton auch in der Wüste gewinnt. «Ich bin auf der Jagd, das bin ich schon die ganze Zeit. Und ich werde auch in Abu Dhabi nichts anderes machen», kündigte Hamilton nach seinem neunten Saisonsieg an. «Lewis war einfach ein bisschen besser, ein bisschen stärker. Deshalb kann ich mit dem zweiten Platz leben», sagte Rosberg, der schon zuletzt in Mexiko eine vorzeitige Entscheidung im WM-Zweikampf verpasst hatte.
Für den gebürtigen Wiesbadener war das Gastspiel auf dem Autódromo José Carlos Pace eine echte Zitterpartie. Während Hamilton von der Pole Position jederzeit Herr der Lage schien und trotz aller Widrigkeiten seinen dritten Sieg in Serie feierte, sicherte sich sein Stallrivale nur mit Glück Platz zwei. Red-Bull-Jüngling Max Verstappen hatte Rosberg zwischendurch schon überholt, doch die letzte Safety-Car-Phase verhalf dem WM-Führenden doch noch zu 18 Punkten. «Man kann an so einem Tag mehr verlieren als gewinnen», bilanzierte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.
Der brillant fahrende Verstappen sicherte sich mit tollen Manövern auf den Schlussrunden noch Rang drei. Sebastian Vettel belegte im Ferrari Rang fünf, Force-India-Pilot Nico Hülkenberg wurde Siebter. Pascal Wehrlein kam in seinem Manor nicht über Rang 15 hinaus.
Schon der Rennbeginn wurden für Rosberg zur Nervenprobe. Die Rennleitung verschob den Start zunächst um zehn Minuten und schickte dann das Safety-Car nach vorn. Rosberg war damit die Chance genommen, auf den ersten Metern an Hamilton vorbeizuziehen. Der Brite hatte sich am Vortag die 60. Pole Position seiner Karriere gesichert und ging daher direkt hinter dem Safety-Car in die ersten Runden.
Nach einem weiteren Intermezzo des Safety-Cars wäre es in der 19. Runde fast zum Massencrash gekommen. Kimi Räikkönen drehte sich in seinem Ferrari auf der Geraden, schoss quer über die Strecke. Nur mit viel Glück konnten ihm die nachfolgenden Fahrer ausweichen.
«Das Rennen muss abgebrochen werden. Wie viele Fahrer sollen hier noch verunglücken?», schimpfte Räikkönens Teamkollege Vettel via Boxenfunk, nachdem er sich zuvor selbst schon einmal gefährlich gedreht hatte. Die Rennleitung befahl alle Autos zurück in die Boxengasse, die Ampeln standen vorerst auf Rot. In der Zwangspause konnte Hamilton seinen Helm wechseln, in den alten drang Wasser ein.
Nach 35 Minuten durften die Piloten wieder auf die Piste, aber nur für einige Runden. Wieder parkten die Fahrer 27 Minuten vor den Garagen, ehe es erneut hinaus in Gischt und Regen ging. Rosberg hatte Mühe, seine Reifen drehten beim Neustart durch und er musste Verstappen passieren lassen. Der Niederländer jagte nun sogar den führenden Hamilton, bis er sich nach einem Fahrfehler fast von der Strecke drehte. Gerade so konnte er Platz zwei verteidigen. «Da schlug mein Herz ein bisschen schneller», bekannte Verstappen.
Nun entwickelte sich ein packendes Rennen mit vielen Überholmanövern. Auch Ferrari-Star Vettel, der ins hintere Mittelfeld zurückgefallen war, kämpfte sich immer weiter nach vorn. Dagegen konnte Rosberg gerade noch einen Dreher und ein mögliches Aus verhindern.
Doch der Krimi wurde wieder durch ein Safety-Car unterbrochen, weil Felipe Massa in seinem letzten Heimrennen im Williams in die Streckenbegrenzung gekracht war. Schluchzend trottete der Routinier mit einer Brasilien-Fahne um die Schultern zurück zur Box, während sich das Feld auf der Strecke wieder zusammenschob. In der geschlossenen Boxengasse standen die Mechaniker der Teams Spalier, um Massa, dem Fast-Weltmeister von 2008, noch einmal zu applaudieren.
Als das Rennen dann ein letztes Mal freigegeben wurde, lagen wieder die beiden Mercedes vorn. Hamilton fuhr sicher seinen 52. Karrieresieg ein, nur Rekordchampion Michael Schumacher liegt jetzt in dieser Statistik mit 91 Siegen noch vor ihm. Rosberg, der nach einem Reifenwechsel von Verstappen wieder Zweiter war, betrieb die nötige Schadensbegrenzung. In Abu Dhabi hat er nun alles selbst in der Hand. (DPA)