Union und SPD haben sich nicht auf Außenminister Frank-Walter Steinmeier als gemeinsamen Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl geeinigt - er blieb aber aussichtsreich im Rennen. Am Montag soll die Entscheidung fallen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer informieren um 08.30 Uhr die Spitzen ihrer Parteien in Telefonschalten über den Stand der Dinge. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) hatte in dem Spitzengespräch im Kanzleramt an Steinmeier als Nachfolger von Joachim Gauck festgehalten.
Das Gespräch, in dem eigentlich eine Entscheidung fallen sollte, dauerte nicht einmal 50 Minuten. Es war die zweite ergebnislos verlaufene Runde in einer Woche. Die Union hat bislang keinen eigenen Bewerber genannt.
Die CSU drängte Merkel bisher zu einem Unionskandidaten, weil CDU und CSU in der Bundesversammlung, die den Präsidenten am 12. Februar wählt, die größte Gruppe stellen. Es wird aber nicht ausgeschlossen, dass die Union Steinmeier mitträgt. Eine Einigung sei noch möglich, hieß es. Keinesfalls will die CSU einen Grünen-Politiker als Kandidaten akzeptieren.
Es gebe weiterhin diese drei Möglichkeiten, verlautete aus Unionskreisen: Steinmeier wird gemeinsamer Kandidat. Oder Union und SPD stellen gemeinsam einen anderen Kandidaten auf - das gilt allerdings als unwahrscheinlich. Oder die Union stellt einen eigenen Kandidaten auf und es kommt zur Kampfkandidatur mit Steinmeier.
Bei einer Kampfkandidatur fällt die Entscheidung vermutlich erst im dritten Wahlgang, wenn nur noch die einfache Mehrheit nötig ist. In einem dritten Wahlgang werden dem in der Bevölkerung beliebten Steinmeier große Chancen eingeräumt, falls die Union keinen Kandidaten seines Kalibers ins Rennen schickt. Nach einer repräsentativen Emnid-Umfrage für die «BamS» glauben 62 Prozent der Bundesbürger, dass Steinmeier ein guter Bundespräsident wäre. Lediglich 24 Prozent finden das nicht.
Laut «Bild am Sonntag» («BamS») sagte ein Seehofer-Vertrauter, die CSU würde «diszipliniert» für Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) stimmen. Bislang wollte sie aber nicht antreten.
Die Linke will einen eigenen Kandidaten benennen.
Der Grünen-Politiker Winfried Kretschmann rechnete am Wochenende nicht mehr damit, von Merkel als Kandidat vorgeschlagen zu werden. Das machte der baden-württembergische Ministerpräsident am Rande des Grünen-Parteitags in Münster deutlich. Er war als Kandidat für die Gauck-Nachfolge gehandelt worden, weil es möglich erschien, dass Merkel mit ihm ein schwarz-grünes Signal für die Bundestagswahl im Herbst nächsten Jahres setzen wollte. Das will die CSU aber nicht.
Die CDU hätte gern Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) nominiert, der aber abgewunken hat. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat zwar als Regierungschef eines schwarz-grünen Bündnisses gute Voraussetzungen - will aber wohl auch nicht.
Gauck war im Februar 2012 zum Staatsoberhaupt gewählt worden. Der 76-Jährige will aus Altersgründen nicht wieder kandidieren. Der Theologe und frühere ehemalige Beauftragte für die Stasi-Unterlagen war Nachfolger des zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff. Gauck war gemeinsamer Kandidat von Union, FDP, SPD und Grünen und hatte im ersten Wahlgang eine überragende Mehrheit von 991 Stimmen erhalten. Er wird parteiübergreifend geschätzt. (DPA)