Nico Rosberg muss nach dem zweiten Sieg binnen acht Tagen von Titelverteidiger Lewis Hamilton mindestens noch zwei Wochen auf den so ersehnten möglichen WM-Triumph warten. Der gebürtige Wiesbadener rettete in der dünnen Luft von Mexiko-Stadt mit einer kämpferischen Leistung aber wenigstens den zweiten Platz hinter seinem britischen Mercedes-Teamkollegen. «Er war zu schnell dieses Wochenende, da musst Du dich einfach mit dem zweiten Platz zufrieden geben», sagte Rosberg.
Gewinnt Rosberg nun das nächste Rennen in Brasilien, steht er mit 31 Jahren zum ersten Mal in seiner Karriere als Formel-1-Weltmeister fest. Hamilton wäre ein Rennen vor Saisonende machtlos.
Auf dem Autódromo Hermanos Rodríguez war Rosberg mit über acht Sekunden Rückstand allerdings gegen den Briten ohne Chance. Stattdessen musste er sich beim Großen Preis von Mexiko der heftigen Attacken des erneut wild fahrenden drittplatzierten Max Verstappen im Red Bull erwehren. In einem nur auf den ersten Metern und phasenweise zum Schluss packenden Grand Prix fuhr Hamilton ungefährdet den achten Saisonerfolg und den 51. Sieg seiner Karriere ein. «Wahnsinn, diese ganzen Leute hier», schwärmte Hamilton bestens gelaunt bei der Siegerehrung in einem Baseball-Stadion.
Sebastian Vettel kam Ferrari nach einer Fünf-Sekunden-Strafe gegen den einmal mehr wild fahrenden Max Verstappen nachträglich auf den dritten Platz. Nico Hülkenberg überzeugte im Force India trotz einer Karambolage mit Kimi Räikkönen im zweiten Ferrari wenige Runden vor Schluss als Siebter einmal mehr, Pascal Wehrlein schied in der ersten Runde aus.
Im WM-Klassement hat Rosberg nun 349 Punkte, Hamilton kommt auf 330. Der Brite holte in einer Woche 14 Punkte auf, aus eigener Kraft kann er gegen Rosberg den WM-Titel aber nicht mehr gewinnen. Rosberg reicht in Sao Paulo und und Abu Dhabi jeweils der zweite Rang, um als dritter Deutscher nach Michael Schumacher (7x) und Vettel (4x) die Königsklasse des Motorsports zu gewinnen. Seinem Vater Keke war der Titel 1982 gelungen. Holt Nico in Brasilien acht Punkte mehr als Hamilton, ist er dort schon vorzeitig Weltmeister.
Obwohl Rang zwei auch in Mexiko ausreichte, war der keine Option für Rosberg vor dem Rennen. Eine gute Stunde vor dem Start vor einer erneut beeindruckenden Kulisse mit weit über 300 000 begeisterten Zuschauern an drei Tagen warf er noch entspannt Kappen auf die Zuschauerränge. «Nee, ich will den Mexiko-Grand-Prix gewinnen», betonte Rosberg dann wenige Minuten bevor die Roten Ampeln ausgeschaltet wurden und das 19. Rennen der Saison freigegeben wurden. Entweder bis zu ersten Kurve oder mit einer anderen Strategie: Rosberg wollte unbedingt den Sieg und wusste, dass es vermutlich nur über diese beiden Wege funktionieren würde.
Er wählte die Attacke gleich auf den ersten Metern. Rund 900 Meter sind es auf dem Kurs in Mexiko-Stadt vom Platz eins bis zur ersten Kurve. Hamilton, in diesem Jahr schon oft schlecht gestartet, kam diesmal aber gut weg, zog in die erste Kurve, für Rosberg wurde es dagegen eng.
Verstappen versuchte, sich innen vorbei zu drängen, der Silberpfeil und der Red Bull berührten sich. Vorne verpasste zudem Hamilton den Bremspunkt, mit qualmendem rechten Reifen versuchte er, die Kurve zu kriegen. Er musste durchs Gras. Vom Gas schien er nicht zu gehen, zurück auf der Strecke führte er weiter an, auch Rosberg musste über die Wiese, reihte sich aber vor dem aggressiven Verstappen wieder ein. Die Aktion des Niederländers wurde umgehend von den Rennkommissaren untersucht: Sie blieb ohne Konsequenzen.
Dem wilden Ritt an der Spitze folgte eine Karambolage im hinteren Feld - und das frühe Aus für Pascal Wehrlein im Manor. Das Safety Car musste auf die Strecke. Red-Bull-Pilot und Malaysia-Sieger Daniel Ricciardo nutzte es zu einem Reifenwechsel und ließ die ausdauerndste Mischung des Wochenendes aufziehen, Vettel hatte schon vorher über einen sogenannten Bremsplatten geklagt, konnte aber weiterfahren. Zum Ärger des viermaligen Champions aus Heppenheim wurde er aber zwischenzeitig von Felipe Massa aufgehalten. «Er ist dumm», schimpfte der 29-jährige Deutsche über die seiner Ansicht nach langsame Fahrweise des Williams-Piloten.
Dennoch übernahm er nach den ersten Reifenwechseln für einige Runden die Führung, dahinter Hamilton, Rosberg und zunächst Ricciardo vor Verstappen. Das Red-Bull-Duo tauschte aber die Plätze und Verstappen machte Jagd auf Rosberg. Endlich wurde es wieder aufregend. In Runde 50 war der Niederländer schon vorbei, Rosberg konterte aber das einmal mehr offensive Manöver des 19-Jährigen. Rosberg setzte sich ab, danach versuchte Vettel an Verstappen vorbeizukommen. Gnadenlos hielt der Holländer dagegen, Vettel war fuchsteufelswild. Verstappen bekam eine Zeitstrafe, die Siegerzeremonie verzögerte sich, weil Vettel, zunächst Vierter, erstmal geholt werden musste. (DPA)