Die Europäische Zentralbank bleibt auf Anti-Krisenkurs: Sie sieht vorerst keinen Anlass, ihre ultralockere Geldpolitik zu ändern.
Der Rat habe bei seiner Sitzung nicht über einen schrittweisen Ausstieg aus den milliardenschweren Anleihekäufe diskutiert, sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt. Aber auch über eine Ausweitung des Programms sei nicht gesprochen worden. Klarheit dürfte die Dezember-Sitzung bringen. «Dann werden wir sagen, was wir in den nächsten Monaten tun werden.»
Im Dezember legt die EZB ihre aktuellen Konjunktur- und Inflationsprognosen vor. Sollte es notwendig werden, werde die Notenbank alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente einsetzen, bekräftigte Draghi. Zugleich betonte der Notenbank-Präsident: «Keiner will ein abruptes Ende der Anleihekäufe.» Zuletzt hatten Spekulationen auf ein absehbares Ende der Geldschwemme für Unruhe bei Anlegern gesorgt.
Seit März 2015 kauft die Notenbank Staatsanleihen und andere Wertpapiere im großen Stil. 80 Milliarden Euro fließen derzeit monatlich, insgesamt sollen es 1,74 Billionen Euro werden. Das Programm soll bis mindestens Ende März 2017 laufen. Seit Juni stehen auch Unternehmensanleihen auf dem Einkaufszettel.
Allerdings werden einige Papiere allmählich knapp, die die EZB nur nach selbst gesetzten Kriterien kaufen kann. Derzeit darf sie keine Anleihen erwerben, deren Zinsen unterhalb des Einlagensatzes von derzeit minus 0,4 Prozent liegen. Zudem hat sie sich auferlegt, höchstens 33 Prozent eines jeweils ausgegebenen Wertpapiers zu kaufen. Bei einer Ausweitung der Geldflut dürfte die EZB in Konflikt mit den Regeln kommen.
«Wenn die EZB die Anleihenkäufe, wie von uns erwartet, um neun Monate verlängert, wird sie schätzungsweise im Frühsommer 2017 bei den gegenwärtigen Regeln nicht mehr genügend kauffähige Bundesanleihen finden», erklärte die Commerzbank. Deshalb dürfte die EZB im Dezember die Kaufbedingungen verändern.
Die EZB beließ den Leitzins im Euroraum, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Zentralbankgeld besorgen können, erwartungsgemäß auf dem Rekordtief von null Prozent. Auch den Strafzins für Banken von 0,4 Prozent tastete sie nicht an. Banken müssen diesen zahlen, wenn sie überschüssiges Geld bei der Notenbank parken.
Mit den Maßnahmen will die EZB die Konjunktur ankurbeln und die Inflation im Euroraum anschieben. Zwar stieg die Inflation im September auf den höchsten Stand seit Oktober 2014. Die Rate ist mit 0,4 Prozent aber weit entfernt von dem Preisziel der EZB von knapp zwei Prozent.
Langfristig niedrige oder gar sinkende Preise gelten als Risiko für die Konjunktur: Unternehmen und Verbraucher könnten Investitionen aufschieben, weil sie erwarten, dass es noch billiger wird.
Draghi rechnet damit, dass die Teuerung schrittweise anzieht - vor allem wegen wieder steigender Energiepreise. Die Wirtschaftsleistung im Euroraum dürfte moderat aber stetig zulegen. Die Widerstandskraft gegenüber ökonomischen Unsicherheiten sei gestiegen.
Die ultralockere Geldpolitik der EZB ist vor allem in Deutschland umstritten. Sie belastet Sparer. Kritiker befürchten zudem eine sinkende Reformbereitschaft der Politik. (DPA)