Die kriselnde Fluggesellschaft Air Berlin steht Insidern zufolge kurz vor der Halbierung. Wenn der Lufthansa-Aufsichtsrat an diesem Mittwoch der Übernahme von rund 40 Air-Berlin-Maschinen samt Besatzung zustimme, solle Ende der Woche ein weiterer Deal mit der Tui-Fluglinie Tuifly folgen, erfuhr die Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX aus dem Umfeld der Verhandlungen. Dabei könnte die österreichische Air-Berlin-Tochter Niki in eine neue, gemeinsame Ferienflug-gesellschaft mit Tui eingehen.
Die eigentliche Air-Berlin-Flotte würde von etwa 140 auf rund 70 Flugzeuge schrumpfen.
An der Börse wurden die Nachrichten als mögliche Chance für Air Berlin und als Belastung für Tui aufgefasst. Während die Papiere von Air Berlin in Frankfurt bis zum Nachmittag mehr als neun Prozent an Wert gewannen, ging es für die Tui-Aktien in London um 1,36 Prozent abwärts.
Nach den jüngsten Plänen, über die zuerst die «Süddeutsche Zeitung» (Montag) berichtet hatte, soll die neue Gesellschaft neben 17 Airbus-Maschinen der Niki auch 14 Boeing-Jets von Tuifly umfassen, die der weltgrößte Reisekonzern seit 2009 samt Personal an die zweitgrößte deutschen Fluggesellschaft Air Berlin vermietet hat.
Eigentlich würde der für Tui lukrative, für Air Berlin aber teure Vertrag dem Vernehmen nach bis mindestens 2019 laufen. Die Schieflage des hochverschuldeten Partnerin Air Berlin, die seit Jahren mit Geldspritzen ihrer Großaktionärin Etihad in der Luft gehalten wird, lässt beide Seiten aber offenbar nach einer dauerhaften Lösung suchen. Sprecher von Etihad, Air Berlin und Tui lehnten jegliche Stellungnahme ab.
Zuvor war bereits durchgesickert, dass Air Berlin sein Mittelstreckengeschäft abseits der Drehkreuze Düsseldorf und Berlin samt 40 Maschinen und Personal an die Lufthansa-Billigtochter Eurowings abgeben will. Der Lufthansa-Aufsichtsrat soll am Mittwoch über den Deal beraten. Air Berlin würde sich mit der Halbierung vor allem auf die Strecken im Netzwerk des Luftfahrtbündnisses Oneworld und die Zubringerflüge zum Etihad-Drehkreuz Abu Dhabi konzentrieren.
Etihad ist mit einem Anteil von 29,2 Prozent die größte Aktionärin von Air Berlin. Die Fluggesellschaft aus dem Emirat Abu Dhabi führt nach Informationen von dpa-AFX auch die Verhandlungen für die Aufspaltung des Unternehmens.
Tuifly mit insgesamt 41 Boeing-Jets ist die deutsche Tochter des weltgrößten Reisekonzerns Tui, der weltweit eine Flotte von 140 Flugzeugen betreibt. Erst vergangene Woche hatte es Gerüchte über einen möglichen Einstieg des britischen Billigfliegers Easyjet bei Tuifly gegeben. Tuifly-Aufsichtsratschef Henrik Homann und Geschäftsführer Jochen Büntgen hatten dies in einem Brief an die Belegschaft jedoch zurückgewiesen.
Allerdings bestätigten sie, dass Tuifly «angesichts der wirtschaftlich schwierigen Situation der Air Berlin» immer wieder mit dem Unternehmen selbst und Partnern im Gespräch sei und mögliche Kooperationen auslote. Schließlich müssten sie die wirtschaftlichen Interessen ihres Unternehmens wahren.
Die Pilotengewerkschaft «Vereinigung Cockpit» mahnte nun mehr Transparenz an. Die Kollegen bei Air Berlin und dem möglichen Kooperationspartner Tuifly seien verunsichert über die Zukunft ihrer Jobs, sagte VC-Sprecher Markus Wahl. «Wir brauchen zügig verlässliche Informationen.» Das gelte auch für die Piloten der Air-Berlin-Maschinen, die an die Lufthansa-Tochter Eurowings vermietet werden sollen. «Wir erwarten eine schnellstmögliche Klärung der Situation», sagte der Tui-Konzernbetriebsratsvorsitzende Frank Jakobi, der im Tui-Aufsichtsrat sitzt, der Deutschen Presse-Agentur.