Aleppo zittert unter massiven Luftangriffen

Russlands Außenminister Lawrow zusammen mit seinem US-Amtskollegen John Kerry im UN-Hauptquartier in New York. Foto: Peter Foley
Russlands Außenminister Lawrow zusammen mit seinem US-Amtskollegen John Kerry im UN-Hauptquartier in New York. Foto: Peter Foley

Schwere Luftangriffe auf die umkämpfte Stadt Aleppo und ein ergebnisloser Dialog zwischen den USA und Russland haben die Chancen auf eine Waffenruhe in Syrien erneut verringert. Mit mehr als 70 Bombardements bereiteten die Truppen von Machthaber Baschar al-Assad am Freitag eine Bodenoffensive auf Rebellengebiete im Ostteil der Stadt vor, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Ein kurzes Gespräch zwischen US-Außenminister John Kerry und seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow in New York blieb unterdessen ohne konkrete Ergebnisse oder Vorschläge.

 

Es habe eine «konstruktive Diskussion» gegeben, sagte zwar ein ranghoher US-Regierungsbeamter der Deutschen Presse-Agentur nach dem Gespräch am Rande eines Treffens des Nahost-Quartetts. «Es war aber kein formelles Treffen und wir haben keine Vorschläge herausgelesen.» Lawrow sagte in seiner Rede bei der UN-Generaldebatte: «Es ist höchste Zeit, dass wir unsere Lektionen lernen und ein Abrutschen zur Katastrophe in Syrien verhindern.» Die USA forderte er auf, die Terrorgruppe Fatah-al-Scham-Front (früher: Al-Nusra) von gemäßigten Rebellen zu trennen, andernfalls sei eine Waffenruhe sinnlos.

 

Bei den Angriffen im Osten Aleppo wurden nach Angaben ziviler Helfer der Weißhelme mindestens 81 Menschen getötet. Der schwere Beschuss der Rebellengebiete dauerte den zweiten Tag in Folge an. Ein Aktivist in Aleppo beschrieb die Situation als verheerend. Die ganze Stadt bebe als Folge der Einschläge. Die Armee des syrischen Regimes habe Brandbomben und die international geächtete Streumunition eingesetzt.

 

Anwohner und ein Sprecher der Weißhelme sagten der Deutschen Presse-Agentur, alle Wege aus dem belagerten Ostteil der Stadt seien versperrt. In den Rebellengebieten Aleppos sollen sich noch mehr als 250 000 Menschen aufhalten. Der von Kerry geforderte Vorschlag eines vorübergehenden Flugstopps schien am Freitag vorerst vom Tisch.

 

Außenminister Frank-Walter Steinmeier appellierte an Russland, seinen Einfluss auf Assad geltend zu machen. «Assads Luftwaffe muss ihre Angriffe stoppen. Dafür sehe ich auch Moskau in der Verantwortung», sagte Steinmeier in einer Rede vor der UN-Vollversammlung. «Gelingt uns das nicht, werden alle Bemühungen um eine politische Lösung im Bombenhagel untergehen.»

 

Zuvor waren neue internationale Bemühungen ohne Erfolg geblieben, die zwischen den USA und Russland ausgehandelte Waffenruhe wieder in Kraft zu setzen. «Heute könnte die Lage nicht ernster sein!», sagte Steinmeier. Während die Welt um eine Feuerpause ringe, bombe Assad Aleppo weiter zu Trümmern. «Das zeigt einmal mehr: Das Assad-Regime kann und darf die Zukunft Syriens nicht bestimmen.» Russland gilt zusammen mit dem Iran als wichtigste Schutzmacht Assads.

 

Lawrow warf den USA vor, radikale Kräfte nicht von den gemäßigten syrischen Rebellen trennen zu wollen. Zudem forderte er erneut eine «unparteiische und unvoreingenommene» Untersuchung des Angriffs auf einen UN-Hilfskonvoi mit mindestens 21 Toten. Auch ein US-Luftangriff einige Tage zuvor, bei dem Dutzende syrische Soldaten getötet worden waren, müsse auf diese Art und Weise untersucht werden. Die USA machen Russland für den Angriff auf den Hilfskonvoi verantwortlich, Russland hatte das zunächst zurückgewiesen. (DPA)