Die Kamera hat es schwer. Nicht, weil niemand mehr Fotos machen möchte. Sondern eher, weil fast jeder immer eine Kamera mit sich trägt: in seinem Smartphone. Wer braucht noch eine große, schwere Knipse, wenn doch schon Mittelklasse-Smartphones gute Fotos liefern? Vor allem die günstige Kompakte für die Jackentasche kämpft ums Überleben. Laut dem Branchenverband Bitkom greifen immer weniger Hobbyfotografen zum früher sehr beliebten Modell.
Wer noch eine echte Kamera kauft, wählt eher ein höherwertiges Modell mit größerem Sensor, großen Zoombereichen oder schlauen Vernetzungslösungen. Einige solche Modelle sind jetzt auf der Photokina (bis 25. September) in Köln zu sehen.
Zum Beispiel Panasonics Lumix LX15: Das kompakte Gerät für rund 700 Euro hat einen vergleichsweise großen Ein-Zoll-Sensor, ist lichtstark und zeichnet auch 4K-Video (3840 zu 2160) mit 30 Bildern pro Sekunde auf. Per Post-Fokus-Funktion schießt die LX15 Bilderserien mit verschiedenen Entfernungseinstellungen. So kann der Schärfebereich auch nachträglich gewählt werden. Für Fotos aus größerer Distanz bietet die ebenfalls in Köln vorgestellte Superzoomkamera Lumix FZ2000 (knapp 1250 Euro) bis zu 480 Millimeter Brennweite (auf Kleinbild bezogen). Neben normalen Fotos kann sie im 4K-Photo-Modus bis zu 30 Bilder pro Sekunde aufzeichnen, um keinen Moment einer Szene zu verpassen. 4K-Photo beherrscht auch die Systemkamera Lumix DMC-G81. Das robuste Modell (rund 900 Euro für das Gehäuse) bietet darüber hinaus wechselbare Linsen für verschiedene Bildsituationen.
Einen größeren Sensor hat Sonys a99 II. Die Systemkamera im 35-Millimeter-Format soll mit besonders schnellem Autofokus und zwölf Bildern pro Sekunde bei den Käufern punkten. Canon will mit der Systemkamera EOS M5 (rund 1130 Euro) oben mitspielen. Der 24-Megapixel-Chip mit zwei Fotozellen pro Pixel soll schnell scharfstellen, bis zu sieben Bilder pro Sekunde sind bei mitlaufendem Autofokus möglich. 4K-Video gibt es nicht, dafür Full HD (1920 zu 1080 Pixel). Während WLAN bei Kameras mittlerweile fast Standard ist, hat die M5 auch Bluetooth zur Fernsteuerung per Smartphone an Bord.
Noch mehr Pixel gibt es bei Fujifilm: Die Japaner haben in Köln eine neue Mittelformatsystem mit der Bezeichnung GFX für professionelle Anwender angekündigt. Die spiegellose Kamera GFX 50S mit 43,8 zu 32,9 Millimeter großem Sensor kommt auf 51,4 Megapixel. Sie wird von Anfang 2017 an um Objektive der neuen Fujinon-Serie erweitert, ist staub- und wettergeschützt und hat einen abnehmbaren Sucher.
«Die Fotografie wird momentan revolutioniert», sagt Constanze Clauß vom Photoindustrie-Verband mit Blick auf die Messeneuheiten. «Foto und Video verschmelzen immer mehr.» Gerade die 4K-Fähigkeiten, die immer mehr Kameras mitbringen, bieten ganz neue Möglichkeiten - zum Beispiel das Auskoppeln hochwertiger Standbilder aus Videos.
Ein weiter wachsender Markt sind Actioncams. Nikon etwa fügt seiner Serie zwei Modelle hinzu. Die Keymission 170 (400 Euro) unterstützt 4K-Aufnahmen und ermöglicht Filme und Fotos in 170-Grad-Weitwinkel. Sie ist wasserfest bis zehn Meter Tiefe und stoßfest bis zu einer Fallhöhe von zwei Metern. Die KeyMission 80 (300 Euro) ist weniger robust, aber kompakter und auf der Rückseite mit Selfie-Kamera ausgestattet. Beide Modelle sollen im November erscheinen. Die Anfang 2016 angekündigte KeyMission 360 soll es dann für 500 Euro geben.
Sony hat in Köln sein neues Actioncam-Flaggschiff vorgestellt: Die FDR-X3000R filmt in UHD und erinnert in ihrer Form an einen Mini-Camcorder - im Gegensatz zu den quaderförmigen Actioncams der Konkurrenz. Mit einem Gehäuse wird die Kamera wasserdicht bis zu 60 Metern Wassertiefe. Außerdem verspricht Sony eine besonders gute Bildstabilität. Die FDR-X3000R kommt ab November für 600 Euro.
Actioncam-Vorreiter GoPro hat seine Neuheiten zeitgleich abseits der Photokina vorgestellt. Bei der Karma (870 Euro) verbindet GoPro Steadycam und Drohne zum handlichen System, das in einen Rucksack passt. Passend dazu gibt es zwei neue Kameramodelle: die Hero5 Black für 430 Euro und die Hero5 Session für 330 Euro. Beide zeichnen 4K-Videos auf und können über Sprachbefehle gesteuert werden.
Vor einigen Jahren schon totgesagt, kämpft sich unterdessen auch die klassische Sofortbildkamera zurück aus der Nische. Neben einem neuen quadratischen Filmformat (62 zu 62 Millimeter) des Instax-Films stellt Fujifilm für 2017 eine neue Sofortbildkamera in Aussicht. Auch der bisher für teure Edelkameras bekannte Hersteller Leica steigt in die Marktnische ein und zeigt in Köln die Leica Sofort für Fujifilms Instax mini (62 zu 46 Millimeter) - zu haben für rund 280 Euro. (DPA/TMN)