Stuttgarts neuer Trainer Hannes Wolf wollte sich nicht in eine Schublade stecken lassen - auch nicht in die seines Mentors Jürgen Klopp oder von Thomas Tuchel. «Man kann sich lange mit Taktik beschäftigen und detailversessen sein, die Mannschaft aber trotzdem auf den Platz schreien in der letzten Ansprache», sagte Wolf bei seiner Vorstellung als Chefcoach des VfB Stuttgart am Mittwoch und betonte: «Ich glaube nicht, dass man sich an irgendeiner anderen Geschichte orientieren sollte.»
Mit den Zweitliga-Fußballern des VfB will Wolf nach drei deutschen Meisterschaften mit Jugendteams seines bisherigen Arbeitgebers Borussia Dortmund an seiner eigenen Erfolgsgeschichte weiterbasteln. «Wir haben einen Kader, mit dem du richtig was erreichen kannst. Deswegen war es gar nicht mehr so mutig», erklärte der 35 Jahre alte Vater zweier Töchter vor seinem Debüt als Profi-Coach.
Von einem geplanten Start erst am Samstag, nach dem Auswärtsspiel beim VfL Bochum am Freitagabend, mussten sich die Verantwortlichen des VfB allerdings verabschieden. So lange wäre der Deal nicht geheim zu halten gewesen. «Das ist eine besondere Herausforderung jetzt anzufangen und nicht am Samstag», sagte Wolf, der einen Vertrag bis 2018 bekam. «Wir machen das Beste daraus.»
Bei seiner Präsentation im völlig überfüllten Presseraum demonstrierte Wolf eine angenehme Mischung aus gesundem Selbstvertrauen und Demut. Bei Fragen musste er oft lachen und ließ sich dabei nie zu Antworten drängen, die er nicht geben wollte.
Da hatte er das erste Training mit seiner neuen Mannschaft schon hinter sich. «Ich habe schon nach den ersten 15 Minuten das Gefühl gehabt, dass das richtig zusammen passt und dass da was wachsen kann», berichtete VfB-Sportvorstand Jan Schindelmeiser von der ersten Ansprache seiner überraschenden Nachfolgelösung für den am vergangenen Donnerstag zurückgetretenen Jos Luhukay. «Grundsätzlich ist das auch Ausdruck unserer Strategie für die nächsten Jahre.»
Der Situation beim Bundesliga-Absteiger ist sich Wolf vollkommen bewusst: «Wir haben auf jeden Fall Respekt vor der Aufgabe. Aber wenn wir uns das nicht zutrauen würden, würde ich nicht hier sitzen», sagte er. «Wenn wir den ganzen Tag hier rumlaufen und sagen aufsteigen, aufsteigen, aufsteigen, dann wird uns das nicht helfen. Es geht um die tägliche Arbeit.»
Trotz bislang keinerlei Referenzen im Profifußball ist sein Ruf in der Branche ausgezeichnet. DFB-Chefausbilder Frank Wormuth bescheinigte Wolf «eine hohe Fachkompetenz». Er sei «sehr akribisch, kann Inhalte sehr gut vermitteln und hat eine sehr gute Ansprache».
Sein bisheriger Chef verabschiedete ihn ebenfalls mit viel Lob. «Der VfB Stuttgart ist ein toller Traditionsverein, jetzt kriegen sie einen tollen Trainer. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass sie aufsteigen, dann kriegt er seine Chance auch in der Bundesliga. Ich finde das großartig», sagte Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, bei dem sich Schindelmeiser ausdrücklich für die Freigabe von Wolf bedankte. «Ich hatte schon meinen Bundeswehr-Schlafsack im Auto und war darauf vorbereitet, so lange bei Hans-Joachim Watzke auf dem Grundstück zu campieren, bis er den Hannes freigibt», sagte er. (DPA)