Pünktlich zum ersten Jahrestag des Abgas-Skandals sieht sich Volkswagen mit neuen Klagen konfrontiert. Nach Bayern wollen nun auch Hessen und Baden-Württemberg juristisch gegen den Autobauer vorgehen. Das kündigten die Finanz-ministerien der beiden Länder am Freitag in Wiesbaden und Stuttgart an. Anfang August hatte bereits Bayern mitgeteilt, VW wegen der Folgen der Diesel-Affäre auf Schadenersatz verklagen zu wollen. Hessen und Baden-Württemberg hatten im August erklärt, eine Klage zu prüfen.
Volkswagen hatte vor einem Jahr zugegeben, mit einer Software Abgaswerte bei Millionen von Dieselfahrzeugen geschönt zu haben. Danach war die VW-Aktie auf Talfahrt gegangen. Wie andere klagende Anleger gehen auch die Bundesländer davon aus, dass der Autokonzern zu spät über die Risiken des Abgas-Betrugs informiert hat. Mit Klagen wollen sich Anleger Verluste bei Aktien und Anleihen vom Konzern erstatten lassen. Darunter sind inzwischen auch internationale Großinvestoren wie die Fondsgruppe Blackrock.
Volkswagen hatte bislang alle Anlegerklagen als unbegründet zurückgewiesen und betont, man habe alle Mitteilungspflichten ordnungsgemäß erfüllt.
«Es spricht derzeit einiges dafür, dass VW Insiderinformationen zu manipulierten Abgaswerten nicht unverzüglich veröffentlich hat», teilte das Finanzministerium Baden-Württembergs mit.
Das Land hielt beim Bekanntwerden der Diesel-Affäre in zwei Sondervermögen aus einem sogenannten Versorgungsfonds und einer Versorgungsrücklage insgesamt rund 64 600 Aktien des Autobauers. «Um eine mögliche Verjährungsfrist nicht verstreichen zu lassen, wird das Land für den Versorgungsfonds nun Klage vor dem zuständigen Landgericht Braunschweig erheben.» Einer ersten Berechnung nach könnte sich die Schadenshöhe auf etwa 400 000 Euro belaufen.
Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) erklärte, sein Land habe durch den Wertverlust der VW-Aktie rund 3,9 Millionen Euro verloren. Eine Klage solle in den kommenden Tagen ebenfalls beim Landgericht Braunschweig eingereicht werden.
«Wer sein Geld in Aktien anlegt, muss auch Verluste hinnehmen. Nicht hinnehmen müssen wir jedoch, wenn Verluste dadurch entstehen, dass eine Aktiengesellschaft gegen Mitteilungspflichten verstoßen hat. VW hat dies getan», sagte Schäfer. Hessen habe bis zum Bekanntwerden der Abgas-Affäre VW-Aktien gehalten. Sie waren Teil eines Anlagepakets für die Versorgungsrücklage des Landes.
VW kämpft ein Jahr nach dem Ausbruch des Abgas-Skandals an mehreren juristischen Fronten. Neben Aktionärsklagen wollen viele VW-Autobesitzer auf zivilrechtlichem Weg Schadenersatz einklagen. Daneben gibt es etwa strafrechtliche Ermittlungen gegen Verantwortliche und Ex-Mitarbeiter des VW-Konzerns. (DPA)