Es ist die größte Übernahme, die ein deutsches Unternehmen je gewagt hat: Bayer kauft das umstrittene US-Saatgutunternehmen Monsanto und zahlt dafür inklusive Schuldenübernahme knapp 59 Milliarden Euro. Die beiden Konzerne unterzeichneten am Mittwoch eine bindende Fusionsvereinbarung, wie sie in einer gemeinsamen Erklärung mitteilten. Die Monsanto-Aktionäre müssen dem Zusammenschluss allerdings noch zustimmen.
Bayer-Chef Werner Baumann sprach von einem historischen Tag. «Dieser Schritt wird die Position von Bayer als führendem Life-Science-Unternehmen in der Welt deutlich stärken.» Vereint könnten Bayer und Monsanto noch mehr dazu beitragen, die stark wachsende Weltbevölkerung auf eine ökologisch nachhaltige Weise zu ernähren. Davon würden Verbraucher, Landwirte, aber auch die Aktionäre und Mitarbeiter beider Unternehmen profitieren.
Um die Zustimmung der Monsanto-Führung zu erhalten, hatte der Leverkusener Konzern sein Angebot noch einmal leicht auf rund 128 US-Dollar je Monsanto-Aktie erhöht. Damit bewertet Bayer das US-Unternehmen mit rund 66 Milliarden Dollar.
Monsanto-Chef Hugh Grant sagte, dass der Schritt für die Aktionäre des US-Konzerns die «bestmögliche Wertschaffung» bedeute. Das Angebot bedeutet einen Aufschlag von 44 Prozent auf den Kurs der Monsanto-Aktie vor dem ersten schriftlichen Angebot von Bayer.
Die Übernahme wird Bayer zur weltweiten Nummer eins im Geschäft mit Agrarchemie machen. Zusammen erzielen die beiden Unternehmen im in diesem Bereich einen Umsatz von 23 Milliarden Euro im Jahr. Bayer erwartet durch die Fusion Synergieeffekte in Milliardenhöhe. Finanziert werden soll der Kauf teilweise durch eine Kapitalerhöhung.
Der Zusammenschluss steht noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Monsanto-Aktionäre und der Freigabe durch die Regulierungsbehörden. Mit dem Abschluss der Transaktion rechnen die Konzerne bis Ende 2017. Für den Fall, dass die notwendigen Kartellfreigaben doch nicht erteilt werden sollten, hat sich Bayer zur Zahlung von zwei Milliarden US-Dollar an Monsanto verpflichtet.
Bayer hatte im Mai angekündigt, den umstrittenen Biotechnologie-Riesen übernehmen zu wollen. Zunächst bot der Leverkusener Konzern 62 Milliarden Dollar (55 Mrd Euro) für den US-Konzern. Die Übernahmepläne von Bayer-Chef Baumann sind allerdings umstritten. Monsanto steht in Europa seit Jahren wegen seiner gentechnisch veränderten Produkte in der Kritik. Außerdem vertreibt Monsanto den Unkrautvernichter Glyphosat, der im Verdacht steht, krebserregend zu sein.
Umweltverbände und die Grünen äußerten scharfe Kritik an der Übernahme: «Diesen Deal darf es nicht geben. So entsteht ein übermächtiger Konzern, der den Welthunger nicht bekämpft, sondern verstärkt», kritisierten die Grünen-Politiker Anton Hofreiter und Katharina Dröge. Der Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Dirk Zimmermann sprach von einer schlechten Nachricht für nachhaltige Landwirte, Verbraucher und die Umwelt. «Der neue Agrochemiegigant häuft eine bislang ungekannte Marktmacht an. Er wird maßgeblich mitbestimmen, welches Saatgut und welche Pestizide auf den Markt kommen.»
Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie zeigte sich dagegen offen für den Zusammenschluss. «Die Übernahme kann die in Deutschland angesiedelte Forschung und Entwicklung und deutsche Arbeitsplätze stärken», sagte Gewerkschaftschef Michael Vassiliadis.
Interessant für Bayer ist der innovative US-Konzern nicht nur wegen seines Know-hows in der Biotechnologie, sondern auch wegen seiner führenden Rolle beim «digital farming» - der Nutzung digitaler Techniken für die Landwirtschaft.
Bayer und Monsanto stehen mit ihrer Fusion nicht allein. So hatten zuletzt die US-Behörden die geplante Milliarden-Übernahme des Schweizer Agrarchemie-Konzerns Syngenta durch das chinesische Staatsunternehmen ChemChina genehmigt. Im vorigen Dezember hatten außerdem Dow Chemical und Dupont verkündet, über einen Zusammenschluss zu verhandeln. (DPA)