Musik verbindet: Flüchtlinge rappen zum Mannheimer Beat

«Rapfugees» ist ein Musik-Projekt von Flüchtlingen und Einheimischen. Foto: Uli Deck
«Rapfugees» ist ein Musik-Projekt von Flüchtlingen und Einheimischen. Foto: Uli Deck

Wenn Adnan Rajabi vor dem Mikrofon steht und sein Sprechgesang einsetzt, dann scheinen seine Wörter wie Wasser zu fließen. «Ich spüre Freiheit, wenn ich gemeinsam mit den anderen hier stehe und mich ausdrücken kann», sagt er. Der 23 Jahre alte Iraner, der vor politischer Verfolgung in seinem Heimatland nach Deutschland geflohen ist, singt nicht nur über Proteste auf den Straßen Irans, sondern auch über alltägliche Probleme und Freundschaft.

 

 

Rajabi, der seine Texte in seiner persischen Muttersprache Farsi vorträgt, ist einer von Dutzenden Flüchtlingen, die ihre Gefühle und ihren Lebensrhythmus in Rap übersetzt haben. Gemeinsam mit Musikern aus Mannheim produzieren sie eine Platte für das Projekt «Sprachen, die verbinden». Ende des Jahres solle die Platte erscheinen, kündigt der Mannheimer Rapper Tobias Schirneck an.

 

Auch eine DVD sei geplant, auf der die Auftritte der «Rapfugees» zu sehen sind. «Rapfugees» - das ist ein Wortspiel aus «Rap» und «Refugees», also dem englischen Wort für Flüchtlinge. Mit ihren Songs treten die jungen Männer aus der Ferne gemeinsam mit Einheimischen auf Festen auf. «Ich bin immer wieder fasziniert davon, wie sich die Jungs gegenseitig inspirieren», schwärmt der 33-jährige Schirneck, der bei dem Projekt federführend ist und die Sessions oftmals leitet.

 

Die Plattenaufnahmen finden in den Räumen seines Studios «Who.Am.I.» statt. Hier in einem Industriegebiet in Mannheim - der Stadt, die dank Popakademie und Xavier Naidoo überregional für Musik bekannt ist - tüfteln regelmäßig junge Deutsche und Flüchtlinge aus Gambia, Iran, Syrien oder Afghanistan bei gemeinsamen Sessions an den Songs. «Die Liebe zum Rap verbindet, das zeigt sich auch im Umgang der jungen Flüchtlinge untereinander», sagt Schirneck.

 

Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg wünscht sich mehr Projekte dieser Art. «Ich finde es ein gutes Projekt, weil es für mich gelebte Integration ist», sagt Mitarbeiter Julian Staiger vom Flüchtlingsrat. Es sei anders und besser als Gesetze, die Integration verordnen wollten und diese stattdessen eher verhinderten.

 

«Flüchtlinge kommen selbst zu Wort und erzählen von ihren eigenen Erfahrungen. Es funktioniert über die Sprache Musik, auch wenn die Leute unterschiedliche Sprachen sprechen», sagt Staiger.

 

Der Sozialarbeiter und Musiker Schirneck hat in seinem Berufsalltag diese beiden Bereiche zusammengeführt. Er und seine Mitstreiter - dazu zählen neben Sozialarbeitern und Musikern auch Tanz- und Gesangstrainerinnen sowie Musikproduzenten - sind davon überzeugt, dass das gerappte Wort ein Ventil für Alltagssorgen, Ängste und Einsamkeit bietet.

 

Das erlebt auch der 20 Jahre alte Obadigba Olorunwa aus Nigeria. Nachdem sein Rap von Produzent Dario Allegra aufgenommen worden ist, steht er strahlend zwischen Instrumenten, Buddhafiguren und einem ausladenden Sofa im Studio. «Ich bin so froh, dass ich hier mitmachen kann. Das sind gute Leute hier. Ich glaube sie verstehen mich, auch wenn ich fremd bin», sagt er in gebrochenem Englisch.

 

Als im vergangenen Jahr Tausende Flüchtlinge in der früheren US-Kaserne Benjamin-Franklin-Village in Mannheim-Käfertal ankamen, klopfte das dortige Kulturhaus bei «Who.Am.I» an und fragte, ob sich ein Rap-Workshop mit Flüchtlingen arrangieren lasse. Ute Mocker, Leiterin des Kulturhauses, lobt die Arbeit mit den jungen Flüchtlingen. Selbst Gruppen, die sich nicht immer grün seien, fänden einen gemeinsamen Nenner im rhythmischen Sprechgesang.

 

«Durch das gemeinsame Ziel, sich auszudrücken, entsteht auf allen Seiten Verständnis für unterschiedliche Sichtweisen. Auch wenn der Aufenthalt in Mannheim begrenzt ist», sagt Mocker über das Konzept, das vom Land Baden-Württemberg und vom Mannheimer Kulturamt finanziell unterstützt wird. Schirneck bestätigt: «Die Jungs entdecken kulturelle Gemeinsamkeiten und das hilft ihnen in ihrer schwierigen Lage.» (DPA)