Internet-Anbieter dürfen Diensten wie Streaming-Plattformen in Europa künftig keine großzügigen Sonderregelungen einräumen. Entsprechende Leitlinien veröffentlichte die Telekom-Regulierungs-behörde Berec. Das «Zero Rating», bei dem Anbieter bestimmte Dienste bei der Berechnung des verbrauchten Daten-Volumens ausklammern, wird damit zumindest weitgehend eingeschränkt. Für Nutzer können solche Regelungen zwar attraktiv sein - aus Sicht von Kritikern und Aufsehern benachteiligen sie aber Wettbewerber.
Ein Beispiel: Wenn ein Nutzer sein monatliches Datenpaket ausgeschöpft hat, würde ein Telekom-Anbieter normalerweise die weitere Internetnutzung verlangsamen oder blockieren. Sonderregelungen für bestimmte Angebote (zum Beispiel Streaming-Dienste für Musik oder Filme), die dennoch uneingeschränkt weiter genutzt werden dürften, sind laut Berec nicht erlaubt. Ein generelles Verbot von Zero Rating soll es aber nicht geben.
Der EU-Verbraucherschutzverband Beuc begrüßte die Regelungen. «Verbraucher möchten vielleicht gerne weiterhin Facebook nutzen, selbst wenn sie die Grenze ihres Abonnements erreichen», erklärte Monique Goyens von Beuc. «Auf die Dauer richtet sich so etwas aber gegen sie, weil es Wettbewerber vom Eintritt in den Markt abhält.»
Insgesamt lösten die Präzisierungen Applaus von Aktivisten und Verbraucherschützern aus. Dabei geht es nicht nur um Zero Rating, sondern generell darum, wie das Prinzip der Netzneutralität zu verstehen ist. Netzneutralität bedeutet, dass Internet-Anbieter alle Datenpakete gleichberechtigt durch ihre Leitungen schicken.
Die Organisation European Digital Rights sprach in einer ersten Mitteilung von einem Triumph für europäische Aktivisten. Der netzpolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, Jan Philipp Albrecht, lobte «hohe Standards» bei der Netzneutralität. Bei Berec sind die Netzaufsichtsbehörden der EU-Staaten vertreten.
Berec hat unter anderem auch klargestellt, welche Rolle so genannte Spezialdienste spielen können. Diese Dienste erfordern viel Bandbreite und dürfen «optimiert» angeboten werden - allerdings nicht zum Nachteil anderer Angebote. Die nationalen Aufseher müssten Einzelfälle prüfen, so Berec. Als Beispiel wird die Telemedizin genannt, etwa die Übermittlung von Daten während laufender Operationen.
Bevor Berec die endgültigen Leitlinien veröffentlichte, hatte das Gremium sechs Wochen lang die Meinung interessierter Gruppen eingeholt. Dabei wurden mehr als 480 000 Beiträge eingereicht - laut Berec mehr als bei jeder anderen jemals von der Behörde durchgeführten öffentlichen Befragung. Die EU-Kommission begrüßte das Ergebnis. Damit stellt Berec klar, wie eine vor einem Jahr vereinbarte EU-Verordnung im Detail zu verstehen ist. Die Regelung war damals heftig kritisiert worden, Netzaktivisten bemängelten schwammige Formulierungen zur Netzneutralität. (DPA)