Die Väter von Verpackungsverordnung und Einwegpfand schlagen Alarm, weil Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) die Mehrwegquote streichen will. «Weil die Handelskonzerne und großen Abfüller sich nicht an das Gesetz halten, wird einfach das Gesetz geändert», empörte sich der frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne).
Gemeinsam mit dem ehemaligen Staatssekretär Clemens Stroetmann und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) schlug er eine verbindliche Mehrwegquote von 80 Prozent vor sowie eine Abgabe in Höhe von 20 Cent für Einweg-Plastikflaschen, falls die Branche insgesamt die Mehrwegquote unterschreiten sollte. Zudem verlangten sie eine klare Kennzeichnung von Mehrweg und Einweg auf dem Produkt.
Hendricks nannte den Vorstoß rechtlich problematisch. Damit wäre das Lebensmittel deutlich preiswerter als die Abgabe auf der Flasche, sagte die SPD-Politikerin. «Da ist das Prinzip der Verhältnismäßigkeit wohl nicht gewahrt.» Auch die Beibehaltung der Mehrwegquote von 80 Prozent lehnte sie ab. Die Zielquote sei durch die Pfandpflicht abgelöst worden und habe daher nur noch «verloren» in der Verordnung gestanden - Pfand sei das Mittel der Wahl.
In den Erläuterungen zum Gesetzentwurf aus ihrem Haus heißt es, die bisher bestehende unverbindliche «Zielquote für Mehrweg und ökologisch vorteilhafte Einweggetränkeverpackungen» habe sich «nicht als wirksames Instrument» erwiesen. Stroetmann sagte über den Gesetzentwurf: «Ich halte das für einen Rückschritt.» Vielmehr würde er sich noch eine gesetzlich verordnete «Vereinheitlichung der Flaschen» wünschen, denn dadurch würden Sammlung und Wiederbefüllung vereinfacht. Er hatte einst als Staatssekretär mit Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) die Pfandpflicht für Einweg-Getränkeverpackungen auf den Weg gebracht. Trittin warf Hendricks vor, sie sei vor der Lobby der Getränkehersteller und Discounter eingeknickt.
Der Bundesgeschäftsführer der DUH, Jürgen Resch, meinte, die 20-Cent-Abgabe würde die Getränke für die Verbraucher nicht teurer machen. Er gehe davon aus, dass die Branche, um im Wettbewerb bestehen zu können, auf Mehrwegflaschen umsteigen würde. Die Abgabe sollte seiner Meinung nach von den Händlern abgeführt werden. Das Geld könnten die Umweltstiftungen der Länder nutzen, um Mehrweg-Konzepte zu fördern.
Den Hinweis der Ministerin auf rechtliche Probleme ließ Resch nicht gelten. Er sagte, schließlich habe der Gesetzgeber 2004 auch eine Sondersteuer für sogenannte Alkopops eingeführt.
Bislang ist in der Verpackungsvordnung eine Quote von 80 Prozent als Ziel festgeschrieben. Wird dies nicht erreicht, drohen aber keine Sanktionen. Dabei liegt der Mehrweganteil bei Getränkeverpackungen aktuell nur bei rund 40 Prozent. Coca-Cola erreichte im vergangenen Jahr nach Angaben des Unternehmens einen Mehrweganteil von rund 54 Prozent. Allerdings hatte der Getränkehersteller Anfang dieses Monats den Verkauf von 0,5-Liter PET-Mehrwegflaschen eingestellt.
Der neue Gesetzentwurf schreibt eine Kennzeichnung von Mehrweg und Einweg nicht auf der Flasche vor, sondern auf dem Regal. 42 deutsche Handelsunternehmen und Getränkehersteller hatten zudem im Juni eine bessere Kennzeichnung ihrer Einweg-Pfandflaschen zugesichert. (DPA)