Mit Muskelkraft und ohne Maschinen eine Klosterstadt bauen

Holzhandwerker im Campus Galli bei Meßkirch. Foto: Felix Kästle
Holzhandwerker im Campus Galli bei Meßkirch. Foto: Felix Kästle

Die Holzkirche soll von außen noch in diesem Sommer fertig werden, das erste Steingebäude in fünf Jahren. Wer mit frühmittelalterlichen Methoden eine Klosterstadt bauen will, braucht Geduld. Statt mit 40 Jahren Bauzeit am Campus Galli rechnen manche Experten inzwischen eher mit 80 Jahren. Gut drei Jahre nach Eröffnung können Besucher in einem Waldstück bei Messkirch in Baden-Württemberg rund ein Dutzend Werkstätten besichtigen und Steinmetzen, Töpfern, Drechslern, Woll-frauen und Zimmermännern bei der Arbeit zuschauen.

 

Etwa 45 Häuser und eine Kathedrale für 2000 Menschen sollen auf dem 25 Hektar großen Areal errichtet werden - nach einem Sankt Galler Klosterplan aus dem 9. Jahrhundert und allein mit Muskelkraft. «Es ist fast alles aufwendiger als gedacht», sagt Archäologe und Geschäftsführer Hannes Napierala. Bisher stehen nur Holzhütten, das erste Steingebäude könnte nach seiner Einschätzung in etwa fünf Jahren gebaut sein.

 

Neben dem Verzicht auf Maschinen macht den etwa 30 Handwerkern und Verwaltungskräften - darunter bis zu 15 Ehrenamtliche pro Tag - auch die Gegenwart zu schaffen. «Wir versuchen, mit mittelalterlichen Mitteln moderne Vorschriften zu erfüllen - im Baurecht, im Arbeits- und Brandschutz, im Veterinärrecht», sagt Napierala.

 

Hinzu kommt der Mangel an Erfahrung mit 1200 Jahre alten Methoden, vieles müssen die Handwerker erst ausprobieren. Kritiker werfen dem Projekt denn auch mangelnde Authentizität vor. «Natürlich müssen wir Kompromisse zugunsten heutiger Sicherheitsstandards und Besucherinteresse machen», räumt Napierala ein. «Aber dies versuchen wir nach Kräften im Gespräch mit Besuchern transparent zu machen.»

 

Am zentralen Platz der Baustelle setzen Zimmermänner in Leinenkluft die Dachsparren der Stabkirche auf - ein Vorläufer der geplanten Kathedrale. Darauf kommen Latten aus Fichtenstämmen, die dann mit Holzschindeln eingedeckt werden. Bis zu 18 000 werden für das Kirchendach benötigt, schätzt Schindelmacher Jürgen Mädler.

 

Neben dem Gehege der Schweine steckt Raphael Schramm einen Grundriss ab: «Wir müssen einen neuen Stall bauen, in dem wir die Schweine besser impfen können, das war in der alten Hütte kaum möglich», erklärt der gelernte Tierpfleger. Er kümmert sich um die Ochsen, Schafe, Ziegen, Hühner und Schweine des Mittelalterdorfes. Die Arbeit ohne Maschinen berge jeden Tag neue Überraschungen: «Am meisten Zeit brauchen die Transportwege, weil man überall hin laufen muss.»

 

Die Baustelle, die bis November geöffnet ist, soll vor allem Touristen anziehen, doch die Besucherzahlen blieben bisher unter den Erwartungen: Nach 36 500 Schaulustigen im Jahr 2014 kamen 2015 rund 48 000, in diesem Jahr hoffen die Betreiber auf 60 000 Gäste.

 

Seit 2013 wurde das Projekt nach Angaben von Messkirchs Bürgermeister Arne Zwick von der Europäischen Union, Stadt und Kreis mit rund zwei Million Euro subventioniert. Napierala ist optimistisch: «Ich habe die Hoffnung, dass wir bis 2018 keinen Zuschuss mehr brauchen.» (DPA)