Die Vollzugsbeamten in der Justiz von Baden-Württemberg schieben einen Berg von Überstunden vor sich her und fordern dringend eine schnelle personelle Aufstockung. «Die Not ist groß», sagte der Landesvorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten (BSBD), Alexander Schmid, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Im Justizministerium sieht man den Bedarf. Auch angesichts der hohen Arbeitsbelastung dringt Minister Guido Wolf (CDU) auf eine bessere Ausstattung der Justiz.
In den aktuellen Haushaltsberatungen hat sein Ministerium einen Mehrbedarf von 117 Stellen im Justizvollzug angemeldet.
Aus Sicht von Schmid wäre das «ein erster Schritt, der einiges abfedern könnte». Notwendig wären nach Meinung der Vollzugsbediensteten-Gewerkschaft aber 200 bis 230 Stellen. Auch forderte er, so schnell wie möglich Belegungsengpässe in den Gefängnissen abzubauen. Wo Häftlinge «aufeinandergepfercht» seien, steige die Aggression untereinander. «Die Beamten sind dann der Prellbock», sagte Schmid.
Ende Juli 2016 notierte das Justizministerium 186 000 Überstunden bei Vollzugsbeamten. Das ist zwar etwas weniger als im Vorjahr zu dem Zeitpunkt (189 000 Stunden). Aber es wurden laut Schmid auch schon 26 000 Überstunden ausbezahlt. «Wir stehen unter Dauerstrom. Wir haben keine Chance mehr, Luft zu holen.»
Wie belastet die rund 2500 Kollegen in Uniform sind - insgesamt arbeiten mit Sozialarbeitern, Ärzten und Seelsorgern 3800 Beschäftigte im Justizvollzug - zeigt für ihn auch der im Vergleich zu anderen Berufen hohe Stand der Krankentage. Das Ministerium bezifferte deren Zahl auf dpa-Anfrage auf derzeit rund 24 pro Jahr und Bedienstetem. «Das ist auch Ausdruck einer dauerhaften Überlastung», meinte Schmid.
Schicht- und Wechseldienste machten den Beamten genauso zu schaffen wie die große Anzahl von Häftlingen, für die ein Beamter zuständig ist. «Manchmal ist es einer für 60 bis 70 Häftlinge. Da ist keine Zeit mehr für Betreuung», sagte Schmid. Erschwert werde die Arbeit zudem, weil man es mit «zunehmend psychisch auffälligen und aggressiven» Häftlingen zu tun habe. «Der Respekt gegenüber den Beamten geht deutlich zurück.» Und, so Schmid: «Wir fühlen uns alleine gelassen.»
Nach Darstellung des Vollzugsbediensteten-Gewerkschafts-Chefs fehlt der «Puffer» von kleineren Anstalten wie Ellwangen, Heidenheim, Heidelberg oder Pforzheim, die alle aus Kostengründen geschlossen oder - wie im Fall Pforzheim - zum Abschiebegefängnis umgewandelt worden seien.
Bei Justizminister Wolf läuft Schmid dabei offene Türen ein: «Eine gut ausgestattete Justiz einschließlich eines gut ausgestatteten Justizvollzugs ist für uns wesentlicher Baustein der inneren Sicherheit im Land», betonte er. (DPA/LSW)