Die politischen Turbulenzen in der Türkei bereiten der deutschen Wirtschaft Sorgen. «Wir erwarten negative Auswirkungen auf das Türkei-Geschäft der deutschen Chemieindustrie», sagte Henrik Meincke, Chefvolkswirt des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), der Deutschen Presse-Agentur. Die Folgen ließen sich aber noch nicht genauer beziffern. Da die Ausfuhren in das Land nur 1,7 Prozent am Gesamtumsatz der deutschen Chemie-branche ausmachten, seien indes keine gravierenden Auswirkungen zu erwarten.
Vor Folgen der Türkei-Krise warnte auch der Außenhandelsverband BGA. «Wir müssen mit deutlichen Einbrüchen bei den Exporten rechnen, auch wegen der Abwertung der Lira», sagte Präsident Anton Börner dem «Handelsblatt» (Mittwoch). Der jüngste Absturz der türkischen Landeswährung macht Waren aus Deutschland in dem Land teurer. Laut BGA sind demnach noch keine Auswirkungen auf die Exporte zu spüren.
Unter den Abnehmern für deutsche Waren liegt die Türkei laut dem Statistischen Bundesamt auf Platz 14 - vor Japan, Russland oder Südkorea. Hiesige Unternehmen lieferten 2015 Güter im Wert von 22,4 Milliarden Euro in das Land. Stark engagiert sind vor allem die Automobil, Chemie- und Maschinenbaubranche.
Besorgt über die Krise zeigte sich deshalb auch die deutsche Automobilindustrie. «Es kommt nun entscheidend darauf an, dass dieses Land wieder zur politischen Stabilität zurückfindet und damit Planbarkeit für die Unternehmen gegeben ist», teilte der Branchenverband VDA mit. «Dies gilt auch für die Rechtsstaatlichkeit.»
Die Türkei ist ein wichtiger Wachstumsmarkt für die Branche. Seit 2009 haben sich die deutschen Pkw-Exporte in das Land laut VDA mehr als vervierfacht. In den ersten fünf Monaten seien die Ausfuhren von Neuwagen um sechs Prozent gewachsen.
Nach dem gescheiterten Putschversuch gegen den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan spitzt sich die politische Krise in der Türkei zu; auch die Spannungen mit Deutschland wachsen. Das verunsichert Unternehmen. Am Montag hatte die Rating-Agentur S&P die Türkei zudem als «Hochrisikoland» eingestuft.
Sorgen über die Türkei-Krise hatten zuvor bereits der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sowie der VDMA geäußert. Der Maschinenbauverband warnte, politisch unruhige Zeiten seien «kein gutes Umfeld für Investitionen». Zuletzt lief das Türkei-Geschäft auf Hochtouren: In den ersten fünf Monaten gingen 7,5 Prozent mehr Maschinen «Made in Germany» an den Bosporus als im Vorjahr. Die Folgen der Krise seien derzeit nicht absehbar, so der VDMA. (DPA)