Zweite AfD-Fraktion ist rechtens - aber Fusion angestrebt

AfD-Fraktionschef Jörg Meuthen. Foto: Christoph Schmidt/Archiv
AfD-Fraktionschef Jörg Meuthen. Foto: Christoph Schmidt/Archiv

Gutachter haben die umstrittene zweite AfD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag als rechtmäßig eingestuft. Doch die beiden über den Umgang mit Anti-semitismus in den eigenen Reihen verfeindeten Lager wollen rasch wieder zusammenarbeiten. Das betonte der AfD-Landeschef Jörg Meuthen, der Anfang Juli mit 13 Getreuen aus der AfD-Fraktion ausgetreten war. Bis Mitte August strebe er die Fusion an, sagte er der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Dienstag).

Auch Heiner Merz, der die Rest-AfD führt, wünscht eine Wiedervereinigung. Dafür hätten sich die Kreisvorsitzenden der AfD deutlich ausgesprochen.

 

Die Experten bestärkten die insgesamt 14-köpfige Meuthen-Gruppe, die eine neue Fraktion namens Alternative für Baden-Württemberg (ABW) gebildet hatte. Die Gutachter Christofer Lenz, Martin Morlok und Martin Nettesheim befanden, bei der Neugründung handele es sich um eine reguläre Fraktion, wie sie die Geschäftsordnung des Landtags vorsehe - also einer Vereinigung mit mindestens sechs Mitgliedern. «Einer Anerkennung bedarf es nicht», heißt es in dem am Montag in Stuttgart bekanntgewordenen Papier, das der dpa vorliegt. Auch die «Südwest Presse» und die «Schwäbische Zeitung» hatten darüber berichtet.

 

Das letzte Wort über die Zukunft von Meuthens Alternative für Baden-Württemberg hat aber das Präsidium des Landtags, das am Dienstagabend tagt. Unklar war am späten Nachmittag noch, ob Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) dem Gremium einen Verfahrensvorschlag macht. Die Gutachter, die insgesamt 30 000 Euro für ihre Arbeit erhielten, werden den Abgeordneten im Präsidium ihre Expertise vorstellen und Rede und Antwort stehen. Die anderen Fraktionen im Landtag hatten sich gegen die neue Gruppierung ausgesprochen.

 

Aus Sicht der CDU-Fraktion ist die Landtagspräsidentin jetzt gefordert. «Schließlich haben zwei Fraktionen erhebliche finanzielle Vorteile, aber auch im Parlamentsbetrieb bei Redezeiten oder der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen», sagte Fraktionschef Wolfgang Reinhart. Für SPD-Fraktionschef Andreas Stoch sind zwei AfD-Fraktionen eine «politisch schier unerträgliche Situation». Die Steuerzahler müssten nun mit viel Geld zwei Fraktionen aus Mitgliedern der AfD bezahlen.

 

Die Grünen wollen die AfD im Landtag weiterhin mit inhaltlichen Debatten vorführen - egal, aus wie vielen Fraktionen sie besteht. «Die Debatten der noch jungen Wahlperiode haben gezeigt, dass die Partei über ihre internen Skandale hinaus nichts zu bieten hat», sagte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke zeigte sich verwundert über das Ergebnis des Gutachtens. «So könnten beispielsweise zwei AfD-Fraktionen einen Untersuchungsausschuss einsetzen, was eine Fraktion nicht kann.»

In dem Gutachten heißt es unter anderem, der Landtag könne zwar eine Regelung erlassen, die die Gründung einer Parallel-Fraktion untersage. Eine derartige Änderung könne aber einer bereits existierenden Fraktion den Status nicht entziehen. «Sie (die Änderung) sollte zum Zeitpunkt des Antritts eines neuen Landtag erfolgen», hieß es.

 

Auch aus der Landesverfassung und den Regelungen für die Fraktionen und den Landtag lasse sich nicht ableiten, dass Abgeordnete keine Fraktion bilden dürften, nur weil Kollegen derselben Partei schon eine Fraktion gebildet hätten. Einen ähnlichen Fall gab es bereits in den 1950er Jahren auf Bundesebene.

 

Die AfD im baden-württembergischen Landtag hatte sich Anfang Juli aufgespalten. Hintergrund war ein Streit in der Fraktion über den Umgang mit dem Abgeordneten Wolfgang Gedeon, dem Antisemitismus vorgeworfen wird. Meuthen hatte am 5. Juli gemeinsam mit einigen Parteikollegen die Fraktion verlassen. Gedeon gehört dem Landtag weiter als Fraktionsloser an.

 

Meuthen, der die AfD mit Frauke Petry im Bund führt, hatte mehrfach eine Rückkehr in die alte AfD-Fraktion abgelehnt. Es gebe einen fundamentalen Dissens zwischen den Abgeordneten beider Gruppen. Diesen Kurs verließ er aber am Montag endgültig, indem er zwei dauerhaft unterschiedliche Fraktionen mit Mitgliedern derselben Partei im Landtag ausschloss. Das führe zu einer gefährlichen Zerreißprobe. Dennoch sei es gut, dass das vom Landtag in Auftrag gegebene Gutachten ein Nebeneinander von Rest-AfD und der von ihm neu gegründeten Fraktion erlaube, sagte er der «FAZ».

 

Nach einem Beschluss der Kreisvorsitzenden, bei dem 24 von 38 Kreisverbänden präsent waren, soll die Neugründung der AfD-Fraktion bis Ende der Sommerpause mit Hilfe eine Mediators erfolgen. Der Mannheimer AfD-Vorstandssprecher Robert Schmidt sagte der «Heilbronner Stimme» und dem «Mannheimer Morgen»: «Der Druck der Basis ist verdammt groß». (DPA/LSW)