Erstmals in der Geschichte hat der Bund mit der Aufnahme neuer langfristiger Schulden Geld verdient. Am Mittwoch wurde eine zehnjährige Anleihe herausgegeben, bei der unter dem Strich eine «Rendite» von durchschnittlich minus 0,05 Prozent herausspringt. Das teilte die Deutsche Bundesbank in Frankfurt mit. Der Staat habe zu diesem Zinssatz Schulden in Höhe von gut vier Milliarden Euro aufgenommen. Er erhält somit von Gläubigern für die Schuldenaufnahme Geld, anstatt ihnen Zinsen zu zahlen.
Deutsche Staatspapiere werfen für Investoren seit längerem sehr geringe Erträge ab. Dieses Phänomen ist nicht erst seit dem Brexit-Votum in Großbritannien bekannt. Seit Beginn der Euro-Schuldenkrise flüchten Investoren immer wieder in sichere Anlagen, bei denen sie zumindest nicht riskieren müssen, ihr Kapital zu verlieren.
Papiere solider Länder wie Deutschland gelten als quasi ausfallsicher. Aufgrund der großen Nachfrage nehmen Anleger immer niedrigere Zinsen in Kauf. Auch sind sie aufgrund von Vorschriften gezwungen, einen Großteil ihrer Anlagen in sicheren Wertpapieren zu halten. Davon profitiert der Staat.
Experten begründen die Entwicklung zudem mit der extrem lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Im Kampf gegen die gefährlich niedrige Inflation und das schwache Wachstum in der Eurozone kauft sie im großen Stil Anleihen: Jeden Monat pumpt sie so 80 Milliarden Euro in die Finanzmärkte. Zudem hat sie ihren Leitzins im März auf null Prozent gesenkt.
Das Überangebot des billigen Geldes lässt die Renditen von Anleihen ebenso fallen wie Zinsen für Bankeinlagen. Das soll aus Sicht der EZB Verbraucher anregen, mehr zu konsumieren, anstatt Ersparnisse auf das Konto zu legen. Unternehmen sollen überdies mehr investieren - Kredite werden für sie billiger. Über beide Wege will die EZB Wachstum und Inflation in der Eurozone erhöhen.
Großanleger wie Versicherungen hingegen leiden: Sie haben Kunden einst etwa bei Lebensversicherungen hohe Zinsgarantien gegeben und haben nun Mühe, diese einzuhalten. Einige Anbieter reagierten bereits und senkten für Neukunden den Garantiezins.
Im Handel an der Börse für bereits herausgegebene Bundesanleihen war die Rendite zehnjähriger Papiere bereits im Juni erstmals unter Null gefallen. Davon profitiert der Staat aber nicht direkt, weil er auf alte Papiere weiter den Zins zahlt, der zum jeweiligen Zeitpunkt der Schuldenaufnahme festgeschriebenen wurde. Nun hat der Bund auch bei der Ausgabe neuer zehnjähriger Anleihen negative Zinsen erzielt - und verdient so Geld. (DPA)