Die Neuvergabe der regionalen Stuttgarter Verkehrsnetze an zwei Konkurrenten der Deutschen Bahn dürfte die Kosten für das Land deutlich senken. Der Zuschussbedarf je Zugkilometer werde sich halbieren, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Montag bei der Unterzeichnung der Verträge am Montag in Stuttgart. Derzeit zahle das Land noch 11,69 Euro je Kilometer. «Wir haben dem Land Baden-Württemberg viel Geld gespart», sagte Hermann, ohne eine Gesamtsumme zu nennen.
Einem Ministeriumssprecher zufolge gehen in die Einsparungen in die Milliarden.
Mit den Unterschriften am Montag ist die Vergabe der Verkehrsnetze rund um Stuttgart an Konkurrenten der Deutschen Bahn besiegelt. Von Juni 2019 an sollen die deutschen Töchter des niederländischen Konzerns Abellio und des britischen Verkehrsunternehmens Go-Ahead den Betrieb aufnehmen.
Die Deutsche Bahn hatte zwar das günstigste Angebot abgegeben, aber gegen Vorgaben der Ausschreibung verstoßen und war deshalb vom Verfahren ausgeschlossen worden. Ein Sprecher der Deutschen Bahn wollte sich am Montag nicht noch einmal dazu äußern. Auch ein anderer Bieter war wegen eines Verfahrensfehlers ausgeschlossen worden. Für das besonders lukrative Stuttgarter Netz waren insgesamt sieben Bieter ins Rennen gegangen.
Das Land ist verantwortlich für den Nahverkehr auf der Schiene. Es schließt dazu eigens Verträge mit Betreibern ab und bestimmt zum Beispiel den Takt. 2016 läuft der «Große Verkehrsvertrag» aus, unter dem der Nahverkehr direkt an die Bahn vergeben worden war. Ein Großteil der Nahverkehrsnetze im Land ist deshalb neu ausgeschrieben worden. Für zehn Verträge steht die Entscheidung noch aus. Ziel des grünen Verkehrsministers im Autoländle: «Man soll im ganzen Land auch ohne Auto unterwegs sein können.»
Im Fall des Stuttgarter Regionalnetzes geht es um viel Geld und große Marktanteile. Der Auftrag umfasst mit gut 14,8 Millionen Zugkilometern im Jahr etwa ein Viertel der landesweit zu vergebenen Nahverkehrsstrecken - und verspricht einen Umsatz von rund 2,7 Milliarden Euro in 13 Jahren Vertragslaufzeit. Es reicht bis zu den Endpunkten Mannheim, Bruchsal, Osterburken, Tübingen, Crailsheim, Ulm, Karlsruhe, Würzburg und Aalen. Der S-Bahn-Verkehr ist nicht eingeschlossen. Abellio soll nun das Neckartal mit jährlich 6,8 Millionen Zugkilometern befahren, Go-Ahead Rems-Fils und Franken-Enz mit etwa 8,1 Millionen Zugkilometern.
Ziel der Neuvergabe sind laut Hermann günstigere Preise für die Fahrgäste. Außerdem sollen der Takt erhöht und neue Züge auf den Strecken eingesetzt werden, die unter anderem Internet anbieten. Die Landesanstalt Schienenfahrzeuge wird Eigentümerin der Züge und verpachtet diese an die Betreiber.
Noch unklar ist, was rund 900 Mitarbeitern der Deutschen Bahn geschieht, die derzeit noch mittelbar und unmittelbar auf den Strecken arbeiten. Go-Ahead-Chef Stefan Krispin will etwa 300 Mitarbeiter einstellen und zeigte sich offen für ehemalige Bahnarbeiter. Abellio äußerte sich ähnlich, plant aber nur mit rund 200 Mitarbeitern. Beide Firmen müssen sich an Tarifverträge halten. Sowohl Abellio als auch Go Ahead wollen außerdem neue Zugwerkstätten errichten. Mögliche Standorte für Go Ahead seien Essingen (Ostalbkreis) oder Crailsheim (Kreis Schwäbisch Hall), sagte Krispin. (DPA/LSW)