In der Diesel-Affäre drohen auf Volkswagen weitere empfindliche Kosten zuzukommen. Die Braunschweiger Staatsanwaltschaft startete ein Verfahren, bei dem unrechtmäßige Gewinne aus dem Verkauf der weltweit rund elf Millionen manipulierten Autos zurückerstattet werden könnten. «Wir haben ein Bußgeldverfahren gegen VW eingeleitet», sagte Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe der «Süddeutschen Zeitung» (SZ), dem NDR und dem WDR.
Neben der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten drehe es sich dabei um die mögliche «Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils» aus dem Absatz der Dieselwagen. Volkswagen hatte in Tests Emissionsdaten gefälscht, dies stürzte den Konzern in eine schwere Krise.
Mit einer den Vorschriften entsprechenden Abgasreinigung hätte der Autobauer an den betroffenen Fahrzeugen wohl nicht so viel verdienen können, berichtete die SZ am Freitagabend vorab. Den Differenzbetrag könnte die Ermittlungsbehörde nun nachträglich einfordern.
Ziehe sagte der Deutschen Presse-Agentur, man habe VW in dem Fall schon rechtliches Gehör gewährt. Ein Konzernsprecher erklärte, das Unternehmen könne sich zum Verfahren derzeit nicht äußern, Unterlagen hierzu lägen noch nicht vor. In Braunschweig laufen bereits auch strafrechtliche Ermittlungen gegen VW-Verantwortliche wegen möglichen Betrugs und Marktmanipulation im Abgas-Skandal.
Der Staatsanwalt erklärte, es gehe bei den Forderungen ausdrücklich um die weltweiten Gewinne aus den Dieselverkäufen - nicht etwa nur um die in Deutschland vertriebenen Modelle. «Wir haben dies eingeleitet gegen VW als Unternehmen», sagte Ziehe der dpa - anders als bei den Betrugsermittlungen gehe es nicht um Verschulden einzelner Personen.
In anderen Fällen hatte die Rückforderung von Gewinnen schon Erfolg. Die «SZ» nannte Bestechungsaffären bei Siemens und MAN als Beispiele. Der zugrundeliegende Paragraf 17 im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten sehe vor: «Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen.»
Bei den US-Strafen soll der Bundesstaat Kalifornien, wo Experten den Abgas-Skandal mit aufdeckten, einen beachtlichen Teil der Zahlungen vom Konzern bekommen. 86 Millionen Dollar (78 Mio Euro) sollen dorthin fließen, wie der dortige Generalstaatsanwalt Kamala Harris am Donnerstag (Ortszeit) mitteilte. Damit dürfte Kalifornien unter den 44 Bundesstaaten, die gegen VW klagten, die größte Summe erhalten.
Ende Juni hatte VW mitgeteilt, sich mit den 44 Staaten verglichen zu haben. Dabei räumt VW bestehende und künftige Verbraucherschutzklagen mit einem Betrag über insgesamt 603 Millionen US-Dollar aus der Welt.
Doch das ist nur die Ebene der Bundesstaaten. Außerdem müssen die Wolfsburger voraussichtlich bis zu 14,7 Milliarden Dollar in den USA hinblättern. Der größte Teil davon ist für Kunden vorgesehen.
In vielen Ländern muss sich der Konzern wegen der Abgas-Affäre mit Klagen enttäuschter VW-Fahrer auseinandersetzen. Ein großes finanzielles Risiko sind zudem Klagen von Anlegern wegen möglicher Marktmanipulation - VW informierte die Finanzwelt aus ihrer Sicht zu spät über die Folgen der Diesel-Manipulationen. Auch die spanische Justiz leitete Ermittlungen gegen Europas größten Autobauer ein. (DPA)