Der Konflikt zwischen der Musikindustrie und YouTube wird schärfer. Über 1000 Musiker - darunter Stars wie Coldplay, Lady Gaga oder Ed Sheeran - haben sich bei der EU-Kommission beschwert, dass Dienste wie YouTube mit ihren breiten Gratis-Angeboten auf unfaire Weise Musik entwerteten. Sie forderten in einem Brief Kommissions-präsident Jean-Claude Juncker auf, «jetzt zu handeln», um gleiche Rahmenbedingungen für Künstler und Rechteinhaber zu sichern.
Aus Deutschland sind unter anderem Udo Lindenberg, Adel Tawil, Helene Fischer, Marius Müller-Westernhagen, Bosse, Peter Maffay und Roland Kaiser dabei.
Die drei verbliebenen großen Musikkonzerne - Universal Music, Sony Music und Warner Music - sind gerade in Verhandlungen mit Googles Videoplattform YouTube über einen neuen Lizenzdeal.
Die Künstler kritisieren in ihrem Brief speziell die seit den 90er Jahren geltende Regelung, nach der Online-Plattformen urheberrechtlich geschütztes Material, das von Nutzern hochgeladen wurde, erst nach Hinweisen der Rechteinhaber entfernen müssen. Sie sprechen von einer «Wertschöpfungslücke». Vor einigen Tagen ging ein ähnlicher Brief, unterzeichnet unter anderem von Taylor Swift und U2, auch an den US-Kongress.
Es ist ein Streit, der schon lange köchelt. Die Musikindustrie hat nach Jahren sinkender Umsätze auch durch Internet-Piraterie eine neue Geldquelle im Streaming entdeckt. Dabei setzt sie vor allem auf Abo-Modelle, bei denen für eine monatliche Gebühr von meist rund zehn Euro viele Millionen Songs uneingeschränkt genutzt werden können. Zuletzt wuchsen die Erlöse im Musikgeschäft dank Streaming erstmals wieder.
YouTube hat über eine Milliarde Nutzer. Beim Streaming-Marktführer Spotify sind es rund 100 Millionen - von denen sich mehr als zwei Drittel mit der werbefinanzierten Gratis-Version begnügen. Die Nummer zwei im Streaming-Geschäft, Apple Music, kommt ein Jahr nach dem Start auf rund 15 Millionen zahlende Abo-Kunden.
In dieser Situation schießt sich die Musikbranche schon seit einiger Zeit auf YouTube ein, wo viele Songs gratis zu finden sind. Der Streit wird dadurch komplizierter, dass auch Musikfirmen selbst Videoclips bei YouTube einstellen, um Werbung für Neuerscheinungen zu machen und an den Werbeeinnahmen mitzuverdienen. Der Industrie ist aber die von den Nutzern selbst hochgeladene Musik ein Dorn im Auge. Sie kritisiert unter anderem, dass jede solche Kopie einzeln gemeldet werden müsse, um entfernt zu werden.
YouTube verweist darauf, dass mehr als drei Milliarden Dollar an Werbeerlösen an die Musikbranche geflossen seien und das Unternehmen ein System entwickelt habe, das Songs über eine Art «digitalen Fingerabdruck» mit einer Genauigkeit von fast 100 Prozent identifiziere. Damit sollen die Rechteinhaber auch an der Werbung im Umfeld der von Nutzern hochgeladenen Kopien mitverdienen. Erlöse aus solchen Uploads machten rund die Hälfte des Betrags aus, der an Rechteinhaber fließe, betonte ein YouTube-Sprecher. «Digitale Dienste sind nicht der Feind.»
Der globale Umsatz der Musikindustrie legte im vergangenen Jahr um 3,2 Prozent auf rund 15 Milliarden Dollar zu. Dabei überholte das Geschäft mit Streaming und Downloads erstmals die Einnahmen mit Tonträgern wie der CD. (DPA)