Bei der weltweit ersten Volksabstimmung über ein bedingungsloses staatliches Grundeinkommen für jedermann hat sich in der Schweiz eine klare Mehrheit dagegen entscheiden. 78 Prozent der Teilnehmer votierten laut Hochrechnungen des renommierten Instituts gfs.bern dagegen, 22 Prozent sagten demnach Ja. Die Initiatoren des Referendums sprachen dennoch von einem «sensationellen Erfolg». 22 Prozent Zustimmung sei «deutlich mehr, als wir erwartet hatten», sagte Daniel Häni, der Sprecher der Volksinitiative.
«Das bedeutet, die Debatte geht weiter, auch international.»
So werde bereits am kommenden Dienstag in Berlin von der deutschen Initiative «Mein Grundeinkommen» per Los eine solche Zusatzzahlung in Höhe von 1000 Euro für 12 Monate an einen der zahlreichen Bewerber vergeben, kündigte der deutsche Mitinitiator des Schweizer Referendums, Philip Kovce, an.
Ein wichtiger Grund für die Ablehnung einer staatlichen Grundabsicherung für jedermann durch die Eidgenossen seien Unklarheiten sowie Zweifel an deren Finanzierbarkeit gewesen, sagte Claude Longchamp, der Leiter des Instituts gfs.bern im Schweizer Fernsehen SRF.
Jeder Erwachsene sollte der Volksinitiative zufolge 2500 und jedes Kind 625 Franken pro Monat bekommen - derzeit sind das umgerechnet rund 2260 sowie 565 Euro. Im Gegenzug sollten Arbeitslosengeld, Sozialhilfe und Renten wegfallen. Die Gegner erklärten, dafür müsse der Staat zusätzlich 150 Milliarden Franken jährlich aufbringen. Dies sei nur durch massive Steuererhöhungen machbar.
Angesichts der Schweizer Debatten waren auch in Deutschland Rufe nach einem bedingungslosen Grundeinkommen vom Staat wieder lauter geworden. Eine Mehrheit hätte es jedoch bei einer Abstimmung am Sonntag auch in Deutschland nicht gegeben. Jedoch scheinen dort weniger Wähler dagegen zu sein: 53 Prozent der Deutschen - statt 78 Prozent in der Schweiz - hätten laut einer Emnid-Umfrage im Auftrag der «Bild am Sonntag» dagegen gestimmt. 40 Prozent würden sich die Einführung eines solchen Grundeinkommens wünschen.
Von den Befürwortern in Deutschland meinen demnach 44 Prozent, dass 1000 Euro pro Monat als Grundeinkommen angemessen wären. 45 Prozent halten den Betrag für zu niedrig, 10 Prozent für zu hoch. 62 Prozent der Bundesbürger befürchten der Umfrage zufolge, dass viele Menschen nach der Einführung eines Grundeinkommens weniger arbeiten würden. Emnid hat nach Angaben von «Bild am Sonntag» am 25. Mai insgesamt 500 repräsentativ ausgewählte Personen befragt.
Zustimmung gab es am Sonntag in der Schweiz für eine Gesetzesreform, mit der eine Beschleunigung der Asylverfahren erreicht werden soll - laut Hochrechnung votierten 66 Prozent dafür. Mit der Reform will die Regierung erreichen, dass die Asylprüfverfahren stark beschleunigt werden. Dadurch sollen begründete Asylanträge schneller bestätigt und unbegründete rascher abgelehnt werden können. Die Kosten im Asylbereich sollen damit sinken und Migranten, die vor allem wirtschaftliche Gründe haben, gar nicht erst in die Schweiz kommen.
Dafür sollen Asylverfahren auf neue Bundeszentren konzentriert werden, in denen alle Beteiligten - Vertreter der Behörden, Rechtsberater und Dolmetscher - ihre Tätigkeit koordinieren und dicht getaktet aufeinander abstimmen.
Die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) hatte zur Ablehnung der Gesetzesreform aufgerufen - unter anderem weil sie vorsieht, dass Flüchtlingen von Anfang an kostenloser Rechtsbeistand gewährt wird und nicht erst, wenn ein Asylantrag abgelehnt wurde. Solche «Gratisanwälte» würden noch mehr Asylbewerber ins Land locken, argumentierte die SVP.
61 Prozent der Teilnehmer des Referendums stimmten zudem für die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik unter bestimmten engen Voraussetzungen. Eine Initiative, mit der staatseigene Unternehmen wie die Post oder die Bahn verpflichtet werden sollen, Bürgerinteressen vor das Streben nach Profit zu stellen, wurde laut gfs.bern von 67 Prozent abgelehnt, zu einem Vorschlag zur Neustrukturierung der Straßenbaufinanzierung sagten demnach 70 Prozent «Nein». Volksentscheide sind in der Schweiz bindend. (DPA)