Das gerichtliche Verbot kritischer Äußerungen eines Dresdner Politologen zur rechtsradikalen NPD sorgt für Empörung. Die SPD im sächsischen Landtag nannte die einstweilige Verfügung des Richters, der Mitglied der rechtspopulistischen AfD ist, «absurd und gefährlich». Er sehe darin einen Eingriff in die Meinungs-, Presse- und Wissenschaftsfreiheit, sagte SPD-Fraktionsvize Henning Homann am Donnerstag. Er gehe davon aus, dass die Entscheidung des Landgerichts Dresden keinen Bestand haben werde.
Die Deutsche Vereinigung für Politische Wissenschaft(DVPW) sieht in der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Dresden einen unzulässigen Eingriff in die Freiheit der Wissenschaft.
Der Extremismusforscher Steffen Kailitz hatte in einem Beitrag für «Zeit Online» geschrieben, die NPD «plane rassistisch motivierte Staatsverbrechen und wolle acht bis elf Millionen Menschen aus Deutschland vertreiben, darunter mehrere Millionen deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund». Ähnlich hatte er auch als Experte im NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe argumentiert. Der Beitrag war zunächst weiter online.
«Diese Aussagen mache ich seit neun Jahren», sagte Kailitz. Er habe sie in umfangreichen wissenschaftlichen Arbeiten mit Zitaten aus dem NPD-Parteiprogramm belegt und auch entsprechend in Karlsruhe vorgetragen.
Kailitz wurden die Aussagen jedoch in der vergangenen Woche per einstweiliger Verfügung unter Strafandrohung verboten. Für Kritik sorgte nicht nur die AfD-Mitgliedschaft des Richters, sondern auch der Umstand, dass er die einstweilige Verfügung ohne Anhörung des Wissenschaftlers erließ.
Der rechtspolitische Sprecher der Linken-Fraktion, Klaus Bartl, kritisierte, dass die Entscheidung von einem Einzelrichter getroffen wurde. «Denn gerade bei einer Thematik, die unmittelbar das NPD-Verbotsverfahren berührt, hätte es der kollektiven Weisheit aller drei Richterinnen bedurft.»
Kailitz hat Widerspruch eingelegt. Nach Angaben des Landgerichts findet die mündliche Verhandlung am 10. Juni statt - nach bisheriger Planung unter Leitung desselben Richters. (DPA)