Gabriel dementiert Rücktrittsabsichten: «dummes Zeug»

Gabriel zur Kanzlerkandidatsfrage: «Die NRW-Wahl abzuwarten, ist absolut richtig.» Foto: Kay Nietfeld/Archiv
Gabriel zur Kanzlerkandidatsfrage: «Die NRW-Wahl abzuwarten, ist absolut richtig.» Foto: Kay Nietfeld/Archiv

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat Gerüchte über seinen bevorstehenden Rücktritt als falsch zurückgewiesen. «Dass man in Deutschland nicht mal mehr krank werden darf als Politiker, ohne dass einer dummes Zeug erzählt, hat mich auch ein bisschen überrascht», sagte er am Sonntag dem Sender RTL. «Mark Twain hat, als es die Nachricht über seinen Tod gab, eine Anzeige veröffentlicht, dass die Nachricht über sein vorzeitiges Ableben deutlich übertrieben gewesen sei. Ähnlich ist es bei mir auch.»

 

 

Zuvor hatten schon andere führende SPD-Politiker die Gerüchte für falsch erklärt. SPD-Justizminister Heiko Maas sagte am Sonntag zu entsprechenden Äußerungen des «Focus»-Herausgebers Helmut Markwort im ARD-«Bericht aus Berlin»: «Das ist so viel Quatsch, dass man es noch nicht mal richtig dementieren kann.» SPD-Vize Ralf Stegner entgegnete Markwort auf Twitter: «Der hat wohl in München ein bisschen viel Sonne abbekommen.»

 

Markwort hatte in einer Fernsehsendung des Bayerischen Rundfunks gesagt: «Ich habe aus zuverlässiger Quelle gehört, dass der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel zurücktreten will.» Die Nachfolge sei bereits geklärt. «Olaf Scholz wird der neue Vorsitzende der SPD, der Hamburger Bürgermeister, und als Spitzenkandidat, als Kanzlerkandidat, ist der Schulz im Gespräch, Martin Schulz vom Europaparlament. Also Schulz und Scholz statt Gabriel.»

 

Auch Scholz dementierte die Gerüchte. Die ARD zitierte ihn auf Twitter mit den Worten: «Das ist absoluter Quatsch.»

 

Gabriel war in den vergangenen Tagen krank, will sich aber an diesem Montag mit einer Rede auf einer SPD-Konferenz in Berlin zurückmelden. Der SPD-Chef gilt seit dem Parteitag im Dezember als angeschlagen. Damals hatten ihn nur 74 Prozent der Delegierten im Amt bestätigt.

 

Einem Bericht der «Bild am Sonntag» zufolge dringt der Parteichef nun darauf, erst nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2017 über den Kanzlerkandidaten seiner Partei zu entscheiden. Gabriel habe diesen Zeitplan in der SPD-Zentrale und vor der engsten Parteiführung vorgeschlagen. Auch diese Darstellung wies Gabriel bei RTL als «Unfug» zurück. Der neue Bundestag wird im Herbst 2017 gewählt.

 

«Die NRW-Wahl abzuwarten, ist absolut richtig», zitierte die «Bild am Sonntag» einen hochrangigen SPD-Funktionär. «Das Ergebnis ist entscheidend für unser Abschneiden bei der Bundestagswahl.» Sollte die NRW-Wahl verloren werden, sei mit radikalen Personalkonsequenzen zu rechnen. Da sei es gut, wenn noch kein Kandidat aufs Schild gehoben sei. Auch Maas mahnte in der ARD, nicht zu früh über die Kanzlerkandidatur zu entscheiden. «Das zeigt uns auch die Erfahrung.»

 

Trotz der schlechten Ergebnisse bei den Landtagswahlen im März hatten SPD-Spitzenpolitiker betont, dass Gabriel den ersten Zugriff auf die Kanzlerkandidatur habe.

 

Zu den möglichen Alternativen zählt SPD-Vize Scholz, von dem am Wochenende ein Strategiepapier bekannt wurde. Darin empfiehlt der Hamburger Bürgermeister, die AfD inhaltlich zu stellen. «Wir sollten die AfD nicht dämonisieren. Solange die AfD nur rechtspopulistisch ist, sollten wir sie nicht als Nazis bezeichnen. Das macht uns unglaubwürdig», schreibt Scholz in dem Papier, über das zuerst die ARD berichtete. Das sollte die Sozialdemokraten aber nicht davon abhalten, «offen rechtsextreme Positionen oder Personen in der AfD klar anzuprangern».

 

Im jüngsten ARD-«Deutschlandtrend» lagen die Sozialdemokraten mit 20 Prozent nur noch fünf Punkte vor der rechtspopulistischen AfD.

 

Nach Ansicht der Jusos sollte die SPD bei der Bundestagswahl 2017 auch für höhere Steuern eintreten. Die Verteilung der Vermögen in Deutschland sei «himmelschreiendes Unrecht», sagte die Chefin des SPD-Nachwuchses, Johanna Uekermann, der Deutschen Presse-Agentur. Der Abstand zwischen Arm und Reich ist gigantisch, und es wird immer schlimmer.» Die Jusos zählen zu Gabriels schärfsten Kritikern. (DPA)