Bis vor nicht allzu langer Zeit war die Welt der Militärs klar strukturiert. Der Feind näherte sich über Land, von See oder aus der Luft. Dafür stellte man ein Heer, eine Marine und eine Luftwaffe auf. Die Erschließung des Weltraums für militärische Zwecke, zum Beispiel die Platzierung und Nutzung von Satelliten, machte die Lage schon etwas komplizierter. Das ist aber noch gar nichts gegen das, was ein verfeindetes Land online anrichten kann.
Das Internet ist bereits ein digitales Schlachtfeld. Die Netze des Bundes werden täglich 6500 Mal attackiert. Im vergangenen Jahr drang ein Trojaner in den Bundestag ein und zweigte große Datenmengen ab. Es wird gemutmaßt, dass er von russischen Hackern losgeschickt wurde.
Es könnte aber noch viel schlimmer kommen: Die Stromversorgung kann lahmgelegt, Atomkraftwerke angegriffen oder Krankenhäuser abgeschaltet werden. Viele Länder haben auf solche Bedrohungen bereits militärisch reagiert - die USA bauen schon seit vielen Jahren gezielte Spezialkräfte für den Cyber-Krieg auf. Aber auch Länder wie Israel oder das kleine Estland sind viel weiter als Deutschland.
Bei der Bundeswehr gibt es zwar auch schon lange IT-Spezialisten. Bisher sind sie aber in vielen unterschiedlichen Abteilungen untergebracht. Das soll sich jetzt ändern. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will eine Cyber-Armee mit rund 13 500 Soldaten und Zivilisten aufbauen.
Sie wird die kleinste von dann sechs Organisationseinheiten der Bundeswehr sein. Neben Heer, Marine und Luftwaffe gibt es jetzt schon die Streitkräftebasis für Logistik und den Sanitätsdienst. Kleinste Teilstreitkraft ist bislang die Marine mit rund 16 000 Soldaten.
Eine eigene Uniform soll die neue Cyber-Truppe nicht bekommen. Aus rein traditionellen Gründen darf sie sich auch nicht Teilstreitkraft nennen. Sie hat aber den gleichen Stellenwert und einen eigenen militärischen Chef, der sich wie die Spitzen von Heer, Luftwaffe und Marine Inspekteur nennen darf.
Die Truppe soll das eigene Informationsnetzwerk überwachen, das täglich 1,1 Millionen E-Mails produziert. Aber auch die mit digitaler Technik vollgestopften modernen Waffensysteme sollen geschützt werden.
Die Rekrutierung des Personals wird nicht ganz einfach werden. «Jetzt suchen wir nicht mehr nur Sportskanonen, wir suchen inzwischen händeringend Nerds», heißt es im Ministerium.
800 Zivilisten und 700 Soldaten würde die Bundeswehr gerne jedes Jahr als IT-Experten einstellen. Die Konkurrenz in diesem Bereich ist aber groß. Von der Leyen will die Bundeswehr deswegen selbst Spezialisten ausbilden lassen. An der Bundeswehr-Universität in München soll bis 2018 ein Studiengang für 70 Studenten angeboten werden.
Von der Leyen ist sich im klaren, dass der Nachholbedarf der Bundeswehr im digitalen Bereich groß ist. «Entscheidend ist jetzt vor allem, Strecke zu machen», sagt sie. Die neue Abteilung soll deswegen schon im Herbst ihre Arbeit aufnehmen und 2021 dann voll einsatzfähig sein.
Einsilbig reagiert die Ministerin auf die Frage, ob die Bundeswehr auch für Cyber-Angriffe fit gemacht werden soll. Eine Abteilung Cyber-Attacke gibt es bei der Bundeswehr schon seit zehn Jahren. Sie sitzt in der Tomburg-Kaserne in Rheinbach bei Bonn. Dort trainieren 60 Informatiker zum Beispiel, wie sie mit digitalen Werkzeugen die Luftabwehr feindlicher Streitkräfte ausschalten können.
Die Einheit namens «Computernetzwerkoperationen» erreichte 2011 eine «Anfangsbefähigung» zum Angriff. Zum Einsatz kam sie aber noch nie. Dafür wäre auch erst einmal ein Bundestagsmandat nötig - wie bei bewaffneten Einsätzen von Luftwaffe, Marine oder Heer, etwa in Afghanistan oder Mali. (DPA)