Noch «jede Menge» Stolpersteine auf dem Weg zu Grün-Schwarz

Thekla Walker (r.) und Thomas Strobl von der CDU. Foto: Marijan Murat/Archiv
Thekla Walker (r.) und Thomas Strobl von der CDU. Foto: Marijan Murat/Archiv

Stuttgart (dpa/lsw) - Auf dem Weg zur grün-schwarzen Landesregierung in Baden-Württemberg gibt es trotz deutlicher Annäherung noch große Streitpunkte. Es gebe noch «jede Menge» Konfliktthemen, sagten die beiden Chefunterhändler von Grünen und CDU, Ministerpräsident Winfried Kretschmann und CDU-Landeschef Thomas Strobl, am Freitag in Stuttgart. Zuvor hatten die neun Arbeitsgruppen zu den wichtigsten landespolitischen Themenfeldern die Ergebnisse ihrer Beratungen vorgelegt.

Auf Basis dieser Vorlage soll von kommendem Dienstag an in kleinem Kreis weiterverhandelt werden. «Ein durch und durch erfreuliches Ergebnis», sagte Kretschmann mit Blick auf die Arbeitsgruppen. Bis Ende April soll der Koalitionsvertrag stehen.

 

Bei der Landtagswahl am 13. März waren die Grünen erstmals stärkste politische Kraft in einem Bundesland geworden, während die CDU nur als zweitstärkste Kraft ins Ziel ging. Grüne und CDU verhandeln nun über die bundesweit erste grün-schwarze Regierung.

 

Ein Stolperstein ist die Frage, ob das Land mit der Bahn über die Übernahme von Mehrkosten für das Milliardenprojekt Stuttgart 21 sprechen soll. Die CDU ist dafür. Die Grünen lehnen das ab und bleiben dabei, dass sich das Land mit maximal 930 Millionen Euro beteiligen soll. Gute Ergebnisse registrierten die Koalitionäre in spe im konfliktträchtigen Bildungsbereich. Ziel sei es, sowohl die von den Grünen vorangetriebenen Gemeinschaftsschulen als auch die von der CDU favorisierten Realschulen gut auszustatten, sagte Kretschmann.

 

Nach Strobls Worten wird es Begrenzungen bei der Genehmigung von neuen Gemeinschaftsschulen und der Einrichtung einer gymnasialen Oberstufe an dieser Schulart geben. Die CDU sieht die von Grün-Rot eingeführte «Schule für alle» sehr kritisch. Wie die Kompromisslinie genau aussehen könnte, ließen die Verhandlungsführer aber noch offen. Strobl versicherte aber: «Wir werden nicht mit der Abrissbirne durch die Bildungslandschaft fahren, weil wir uns nicht auf dem Rücken von Schülern ideologisch austoben wollen.»

 

Die von den Grünen gewünschte, umstrittene Kennzeichnungspflicht für Polizisten wird in der neuen Legislaturperiode nicht kommen. Die Paketlösung in diesem Bereich sieht aber vor, dass die Polizisten mit Schulterkameras ausgestattet werden - zu ihrem eigenem Schutz, aber auch, um ihren Umgang mit Bürgern zu dokumentieren. Zudem komme ein Bürgerbeauftragter, an den sich die Menschen bei Beschwerden über Landesbehörden und Polizei wenden könnten. Grün-Rot hatte den Beauftragen bereits kurz vor der Wahl auf den Weg gebracht. Auch soll es mehr Polizisten geben - wie viele ist aber noch offen.

 

Zu den Streitpunkten gehören das Thema Windkraftausbau, mögliche Korrekturen am Jagdgesetz und die Frage, ob die Gymnasien wie von der CDU gefordert selbst darüber entscheiden sollen, ob sie ihre Schüler in acht oder neun Jahren zum Abitur bringen wollen. Ohnehin stehen die Ergebnisse der Arbeitsgruppen unter Finanzierungsvorbehalt, wie Kretschmann und Strobl noch einmal betonten. Über das Thema Finanzen wird sich die kleine Verhandlungsrunde den Kopf zerbrechen. Sowohl Grüne als auch CDU wollen, dass Baden-Württemberg ab 2020 keine neuen Schulden mehr aufnimmt. Weil zudem ein Defizit von jährlich mindestens zwei Milliarden Euro im Landeshaushalt klafft, ist der Spielraum für zusätzliche Ausgabenwünsche sehr gering.

 

Einigkeit gibt es dem Vernehmen nach, den Nationalpark Schwarzwald weiterzuentwickeln. Die CDU soll das Naturschutzprojekt, gegen das sie anfangs Sturm gelaufen war, nun akzeptiert haben. Auch habe die CDU ihre Vorbehalte gegen Bio-Landwirtschaft aufgegeben, hieß es. (DPA/LSW)