Mitten in der Debatte um das umstrittene Erdoğan-Gedicht des TV-Moderators Jan Böhmermann hat der Deutsche Volkshochschul-Verband dem 35-Jährigen eine weitere Auszeichnung zuerkannt. Für seine Verdienste um die Entwicklung des Fernsehens in der digitalen Welt erhielt er am Abend im westfälischen Marl bei der Verleihung der Grimme-Fernsehpreise die «Besondere Ehrung» des DVV. Diese wird alljährlich bei der Grimme-Preis-Gala verliehen. Böhmermann war nicht nach Marl gekommen.
Die Entscheidung für diese Auszeichnung sei bereits im November vergangenen Jahres gefallen, sagte die DVV-Präsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), die auch saarländische Ministerpräsidentin ist. Für seine Satire über den Mittelfinger des griechischen Ex-Finanzministers Gianis Varoufakis war Böhmermann zuvor auch ein Grimme-Preis zugesprochen worden.
Böhmermann steht nach einem vergangene Woche im Fernsehsender ZDFneo ausgestrahlten Schmähgedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in der Kritik. In dem Text verwendete er Begriffe unterhalb der Gürtellinie. Die Staatsanwaltschaft Mainz hat nach Anzeigen gegen ihn und ZDF-Verantwortliche wegen des Verdachts der Beleidigung von Organen oder Vertretern ausländischer Staaten Ermittlungen aufgenommen. Nach massiver Kritik an seinem als Satire gedachten Erdoğan-Stück hatte er am Morgen seine persönliche Teilnahme an der Verleihung in Marl abgesagt.
Die DVV-Präsidentin äußerte sich auch zu dem umstrittenen Gedicht: «Dieses Gedicht hat sicherlich die Grenzen des guten Geschmacks verletzt und ist sicher alles andere als Grimme-Preis würdig.» Aber das ändere nichts an Böhmermanns Qualitäten und Leistungen für eine offene, mutige und demokratisch-gelassene Medienwelt. «Deshalb ist diese Ehrung verdient.»
In einer Zeitschrift zur diesjährigen Grimme-Preis-Verleihung heißt es über Böhmermann: «Sein erklärtes Ziel ist es, Inhalte nicht bloß gedankenlos zu konsumieren; die Zuschauer sollen sich im Idealfall nachhaltig mit der Thematik beschäftigen.»
Insgesamt wurden 15 Grimme-Preise vergeben, überwiegend an Produktionen der öffentlich-rechtlichen Sender. Aber auch einige Formate der Privatsender waren dabei, «Weinberg» stammt sogar vom Abonnentenkanal TNT Serie. Erstmals wurden Preise für Kinder- und Jugendproduktionen sowie für besondere journalistische Leistungen verliehen. (DPA)