Der Bundesgerichtshof (BGH) hat einer kleinen nordrhein-westfälischen Stadt im Streit um Millionenverluste aus hoch-riskanten Zinswetten weitgehend recht gegeben. Dennoch verwies der für Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat den Fall zurück an das Oberlandesgericht Köln, um Lücken in der Beweisaufnahme zu schließen. Die Landesbank WestLB habe beim Abschluss von so genannten Swapgeschäften gegen Aufklärungspflichten verstoßen, sagte der Vorsitzende Richter Jürgen Ellenberger in Karlsruhe.
Es geht um einen Streitwert von fast 20 Millionen Euro. (Az.: XI ZR 425/14)
Das Städtchen Hückeswagen hatte sich seit 2006 mehrfach mit dem Ziel der Zinsoptimierung auf riskante Geschäfte mit der WestLB eingelassen, will für die Verluste aber nicht mehr zahlen.
Kern der Auseinandersetzung ist, ob die Bank die Stadt darüber aufklären musste, wie hoch ihre Marge ist, und dass daraus ein «negativer anfänglicher Marktwert» resultierte. «Jedenfalls über die Höhe des anfänglichen negativen Marktwerts unterrichtete die Beklagte die Klägerin nicht», stellte der BGH fest.
Das OLG Köln hatte der Stadt mit ihrer Klage gegen die Rechtsnachfolgerin der abgewickelten WestLB, Erste Abwicklungsanstalt (EAA), recht gegeben. Nach der BGH-Rechtssprechung hätte die Bank die Stadt «aufgrund eines schwerwiegenden Interessenkonflikts aufklären» müssen. Die Entscheidung hat Bedeutung für zahlreiche Kommunen, die mit ähnlichen Geschäften Verluste gemacht haben.
Das OLG Köln muss jetzt unter anderem feststellen, ob die Stadt das Geschäft auch gemacht hätte, wenn sie von der Höhe des anfänglichen negativen Marktwerts gewusst hätte. Das hatte die EAA behauptet. Dazu sollen der ehemalige Kämmerer und der ehemalige Bürgermeister von Hückeswagen als Zeugen gehört werden.
In der Verhandlung hatte der Anwalt der EAA der Stadt vorgehalten, von der Einpreisung der Bankmarge gewusst zu haben, wenn auch nicht von deren Höhe. Der Kämmerer habe sogar an einem Workshop über die fraglichen Zinsgeschäfte teilgenommen.
Außerdem sei es der Wunsch der Stadt gewesen, immer riskantere Geschäfte zu tätigen, weil sie anfängliche Verluste nicht realisieren wollte. Der Anwalt der Stadt hielt dagegen, dass die WestLB der Stadt mit nur knapp 16 000 Einwohnern von derart riskanten Verträgen grundsätzlich hätte abraten müssen.
Bei einem Zinsswap tauschen die Partner zu festgelegten Zeitpunkten Zinszahlungen aus. Dabei hält eine Seite zumeist einen variablen und die andere Seite einen festen Zinssatz. Das Instrument kann zur Absicherung von Zinsänderungsrisiken genutzt werden. Solche Geschäfte gelten allerdings als hochriskant. (DPA)